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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0431

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249

Lebensbeziehungen auffaßte und nicht etwa in ihrer Bewegung
oder Haltung über die Ruhe der bloßen Schilderung hinausging,
also die in Luther gipfelnde geistige Handlung nicht abgeschwächt
und zerbröckelt hat. Daher stellte er auch Melanchthon, obgleich
dessen zarte und gleichsam durchsichtige Natur so sehr dazu ver-
lockte, nicht als den innig Bekennenden, etwa die feine Hand
betheuernd auf der Brust haltend, sondern als den gelehrten,
die Dogmen der Reformation wissenschaftlich begründenden Denker
hin, kurz in der Eigenschaft, in welcher seine Hauptbedeutung
für die Sache der Reformation ruht.

Die Vorderseite zwischen den Statuen Friedrich's des
Weisen und Philipp's des Großmüthigen ist offen, an den drei
andern Seiten dagegen sind die vier Monumente durch eine
5—6 Fuß hohe Zinnenmauer verbunden, welche an ihrer Innen-
seite mit den Wappen derjenigen Städte geschmückt ist, die sich
besonders als Hort des Protestantismus ausgezeichnet haben.
In der Mitte jeder der drei Zinnenmauern erhebt sich, die
Einförmigkeit schön unterbrechend, auf etwa 7 Fuß hohem Posta-
ment eine sitzende mauergekrönte weibliche Gestalt im Verhältniß
von 6 Fuß rheinisch. Es sind dies Städte-Personifikationen,
und zwar links das protestirende Spei er, rechts das bekennende
Augsburg mit der Friedenspalme, und auf der hintern Um-
fassungsmauer das trauernde Magdeburg mit zerbrochenem
Schwerte, in stummem Schmerz das vom Gewände verhüllte
Antlitz aus die Brust niedergesenkt, den Beschauer daran mah-
nend, daß dem hohen Geisteswerke, welches in so triumphirenden
Gestalten uns lebendig und tageshell entgegentritt, die Weihe
des Schmerzes und die Läuterung durch die Nacht des Unglücks
hindurch nicht gefehlt habe.

Inmitten des Monumentraums erhebt sich das eigentliche
Denkmal Luther's. Das Postament, mit seiner dreifachen
Stufenschicht etwa 18 Fuß rh. hoch, besteht in dem Sockel, dessen
Felder mit den Wappen von sechs der hervorragendsten Fürsten
und zweier Städte, welche die augsburger Konfession unterschrieben
haben, geschmückt sind, und in den sich darüber aufbauenden
zwei Würfeln. Am untern Würfel sind die Gründzüge von
Luther's Leben und Lehre in Reliefs dargestellt: „der Anschlag
der Thesen zu Wittenberg", „der Reichstag zu Worms", „die
Bibelübersetzung" und „das Predigtamt", „das Abendmahl in
beiderlei Gestalt" und „die Priesterehe". Am obern Würfel
befinden sich, dessen Felder zur Hälfte einnehmend, Jnschrift-
tafeln mit besonders bedeutungsvollen Worten Luther's, darunter
je zwei Portraitmedaillons der hervorragendsten Persönlichkeiten
unter den Beförderern der Reformation, soweit sie nicht als
Standbilder Raum gefunden haben, und zwar vorn „Johann
der Beständige" und „Johann Friedrich der Großmüthige", an
der Rückseite „Hutten" und „Sickingen", rechts „Zwingli" und
„Calvin", links „Justus Jonas" und „Bugenhagen". An den
vier aus dem Sockel hervorspringenden Ecken erblicken wir die vier
7 Fuß im Verhältniß hohen Gestalten der Vor-Reformatoren:
Savonarola, Huß, Petrus Waldus und Wiclef.

Abgesehen davon, daß hierdurch klar der Gedanke ausge-
sprochen war, daß „die Reformation nicht blos das Ergebniß
einer vereinzelten Volksentwickelung, sondern die unabweisbare
Nothwendigkeit der gesummten vergangenen Geschichte" sei, boten
auch gerade die gewählten Gestalten dem Künstler erwünschte

Gelegenheit, die geistigen Typen der vier Haupt-Nationalitäten
damaliger Zeit zu erfassen und darzustellen.

Savonarola's originelle, geistdurchleuchtete Züge, wie
sie von der Meisterhand seines Freundes Fra Bartolommeo
festgehalten und der Nachwelt überliefert worden sind, versetzen
uns lebhafter als alle schriftlichen Dokumente in jene durch die
schroffsten Gegensätze markirte Zeit der florentinischen Partei-
kämpfe und machen es erklärlich, wie dieser von dem reinen Feuer
eines Propheten erfüllte Mann, dieser Prediger der Buße und
Entsagung, zu Grunde gehen mußte, weil ihm die bewußte Frei-
heit des Geistes, der volle schöne Blick für das Leben abging.
Gleichsam die sinnliche Ueppigkeit seiner Zeit strafend und ver-
dammend, mehr aber noch mit prophetisch düsterem Blick den
Ausgang dieser Dinge voraussagend — so ist der große Do-
minikaner dargestellt. Sein Haupt ist von der Kapuze bedeckt,
aus der das hagere, echt italienische Gesicht hervorschaut, die
linke Hand hebt er warnend in die Höhe, während er die zu-
sammengeballte Rechte fest an seine Brust drückt.

Huß mit dem feinen, edeln, etwas krankhaften Antlitz, zu
dem heutzutage tausend und abertausend Katholiken verehrend,
ja anbetend emporschauen, denn durch eine neckische Laune des
Zufalls sind Huß' Züge aus den heiligen Johannes Nepomuk
übergegangen, diesem gleichsam cedirt worden — bot einem
Künstler wie Rietschel volle Gelegenheit, alle Tiefe innigster
Liebe und Hingabe an Christum darzustellen. Sein mit dem
Barett bedecktes Haupt ist auf die Brust geneigt, mit dem Auge
des Märtyrers schaut er in inbrünstigem Gebet auf das von
ihm mit beiden Händen umfaßte Krucifix.

Petrus Waldus, von dem kein historisches Bild existirt,
stellte der Meister als den dem Reichthum und der Pracht der

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