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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 13.1868

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https://doi.org/10.11588/diglit.13560#0206

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KunstgeschichLe.

Die spsnisek-msuriMe, jtrllienij'cke mul jsmnLösWe Msjolika unä Fayence.

Mitgetheilt von H. v. Schärft -Scharffcnstcin.

§ls die ersten kunstvollen Thongefäße oder Töpferarbeiten, von
welchen uns — nach den römischen und altgriechischen —
Kunde aus den ältesten Zeiten überkommen ist, sind die
arabischen, persischen und auch griechischen zu betrachten.
Schon zur Zeit der Kreuzzügc kam es vor, daß einzelne
ö""- aus diesen Kriegen Heimkehrende Vasen, Becher und son-
stige Gefäße in gebranntem oder emaillirtem Thon mitbrachten.
Der Mönch Theophilus berichtet uns, daß in Koustantinopel
Töpfer gewesen seien, welche die Kunst, in bunten Farben in Thon
zu brennen, außerordentlich gut verstanden hätten. Andere Aufzeich-
nungen jener Zeit besagen, daß die Thongefäße, welche von den Kreuz-
fahrern mit nach Deutschland gebracht worden, griechischen und thcil-
wcise arabischen Ursprungs gewesen seien. Gewiß ist, daß um jene
Zeit die Töpferkuust in Nordafrika schon in guter Bllithe stand
und daß von vort bunte und mit Blumen bemalte Thongefäße nach
Europa hiuübergebracht wurden. Im vierzehnten Jahrhundert blühte
diese Kunst in Malaga, wo sie zweifelsohne durch die Araber hin-
verpflanzt worden war. Von dort kam sie nach Majorka, von wel-
cher Insel sich später, als sie nach Italien und namentlich auch nach
Faeuza verpflanzt worden war, den Namen „Majorka" oder viel-
mehr, um der größeren Weichheit der Sprache willen, „Majolika" ge-
nannt wurde. Von Faenza erhielten die in bunten Farben in Thon
gebrannten Gefäße den Namen „Fayence". Von dort aus und von
Florenz aber nahm die Industrie ihren Flug über ganz Italien, und
bunte, mit Blumen und Figuren versehene Thougefäße, Majoliken
und Fayencen genannt, wurden alsbald in Florenz, Neapel, Venedig,
Mailand und in anderen italienischen Städten verfertigt.

Die spanisch-maurischen Thongefäße sind jedenfalls die ältesten,
von welchen nian sichere Kunde hat. In einem Dokumente vom
Jahre 1350 wird der in Malaga fabricirten Fayencen mit dem Zu-
satze gedacht, daß dieselben einen Goldschimmer oder Lüstre gehabt
hätten. Das Porzellan-Museum in Sövres besitzt mehrere Stücke
aus dieser Zeit, unter Anderm ein kostbares Gefäß, welches man die
„Vase der Alhambra" nennt, und welche von maurischen Künstlern
um eben diese Zeit gemacht worden sein soll. Malaga war be-
kanntcrmaaßen im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert, gleichwie
das übrige Spanien, von den Mauren beherrscht. Unter ihnen nahm
die Kunst in Thon zu brennen einen so hohen Aufschwung in ganz
Spanien, daß man sich nicht allein mehr mit Gefäßen begnügte,
sondern gemalte Thonplatten verfertigte, welche mau zur Bekleidung
von Gebäuden, Moscheen und Thürmen verwendete. La torre del
Viuo, d. i. der sogenannte Thurm des Weinstockes, in der Alhambra
zu Granada war mit Fayenceplatten aus dem Jahre 1345 von oben
bis unten bekleidet.

Der Benutzung des Kupfers und des Silbers in sehr kleinen
Portionen verdanken die spanisch-maurischen Thongefäße und Platten
ihr cigenthümliches Lüstre. Wenn das Kupfer in der Blasse vor-
herrscht, so ist der Thon derselben tiefer und dunkler, während das
Silber einen weißen und perlmutterartigcn Glanz hervorbringt. Nach
dem Untergänge des Königreiches Granada im Jahre 1192 scheinen
die Fabriken in Malaga allmälig zu Grunde gegangen zu sein. Doch
spricht Sismondi von der bedeutenden Beute, welche die Pisancr
von Majorka mitheimgebracht hätten. Unter dieser Beute niögcn sich
auch denn wohl dort verfertigte Thongefäße befunden haben. Ein

italienischer Schriftsteller des fünfzehnten Jahrhunderts, Johann
v. Uzano, erwähnt des großen Absatzes, welche derlei Thongefäße
in Italien gehabt hätten. Der maurische Charakter der im British-
Museum und im Museum von Clüny befindlichen Majoliken ist deut-
lich zu erkennen. Wie die sogenannte Vase der Alhambra, so haben
dieselben einen weiß cmaillirten Grundton, auf welchem sich Figuren
und Zeichnungen in bläulicher Farbe und mit Metallreflexen ab-
heben. Ganz diesen ähnlich hat man in Sicilien Vasen und sonstige
Gefäße aufgefunden, welche wahrscheinlich denselben Ursprung haben.

Zu St. Felippe, im Königreiche Valencia, wurden zur Zeit
Jayme I., Königs von Arragonien, welcher die Ungläubigen besiegt
hatte, ebenfalls schöne Fayencegefäße verfertigt, und der König legte
auf jeden Brennofen eine jährliche Abgabe von einem besau. Der
Verfaffer der Annalen des Königreichs Valencia, Fr. Diago, schreibt
im Jahre 1613, daß in Manises kostbare Thougefäße gemacht wor-
den wären, in welche Jedermann „verliebt" gewesen sei. Auch in
Moneada, Quarte, Alaquaz, Billalonga befanden sich Fabriken von
Thongefäßen. Die Austreibung der Mauren unter Philipp III. im
Jahre 1610 scheint aber diesem Industriezweige den letzten Stoß ver-
setzt zu haben, da die geschicktesten Töpfer (Oleros) Mauren waren.
Indessen fand Talbot Dillon noch im Jahre 1770 in Manises
einige Töpfer, welche schöne Thongefäße in Kupferfarbe und mit ver-
goldeten Verzierungen verfertigten. Karl Davillier, welcher im
Jahre 1863 ein interessantes Buch über die spanisch-maurischen Fa-
yenccgcfäßc publicirt hat, fand in diesem Orte vor einigen Jahren
indeß nur noch einen einzigen Töpfer, der Krüge und Schüsseln
fabricirte, zu gleicher Zeit Wein verkaufte und dessen Frau die Ma-
lerei der Thougefäße besorgte, welche inmierhin noch einen Kupfcr-
schimmer besaßen und mit hübschen Verzierungen ausgcstattet waren.
Uebrigens sei jetzt in ganz Spanien fast nichts mehr von neuerer
Töpferwaare zu finden, was irgendwie an die glanzvolle Periode
dieser Kunst erinnere.

Wir haben schon oben gesagt, daß die Kunst, feine gemalte
Thongefäße zu verfertigen, von Spanien nach Italien erst längere
Zeit, nachdem die Gefäße spanischen Ursprungs schon in Italien eingc-
führt waren, herübergekommcusei. Lucca dclla Robbia, Bildhauer
in Florenz, soll die Kenntniß dieser Kunst von Majorka mitgebracht
haben. Er war cs, der die ersten erhabenen Figuren auf einen Grund
von Zinn-Emaille aufsctzte und in bunten Farben brannte. Nach
seinem im Jahre 1430 erfolgten Tode betrieben seine Brüder Octavio
und August, nach ihnen seine Neffen Andrea, Lucca und Giro-
lamo della Robbia diese Kunst in industrieller Weise. Die Gefäße,
welche von ihm und seinen Verwandten gefertigt worden sind, zeichnen
sich durch ein schönes Gelb, ein prächtiges Kobaltblau, lichtes Kupfergrün
und ein besonders klares Violett, welches durch Magnesia hervor-
gebracht wurde, aus. Diese Farben wurden vermittelst des Feuers
eingebrannt, während das Gold und das Roth nur kalt aufgetragen
und mir einem Firniß versehen ward. Die Kunst der Familie
dclla Robbia wurde nächstdem in Pesaro geübt und verpflanzte sich
von dort nach Paris, wo Girolamo della Robbia sie selbst ausübte
und namentlich das „Schloß von Madrid" bei Paris, auch das
„Fayenceschloß" genannt, äußerlich mit einer großen Anzahl cmaillirter
Platten zierte. Um dieselbe Zeit verlegte sich Maclou Abaquesne
in Rouen ebenfalls auf die Verfertigung kunstvoll gemalter Thon-
 
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