übergänglicher in die Dunkelheit hinein. Diese Widersprüchlichkeit zwischen
Farben und Dunkelgrund bewirkt eine neue Anspannung des Expressiven,
die zu den späten Werken überleitet.
In die Zeit der Erasmus-Mauritius-Tafel ist die Stockholmer Zeichnung
eines Geistlichen^ (Z. 202; Sch. 36) zu setzen, die in der überaus zarten
Modellierung und LiAt-SAattendifferenzierung genau den locker modellier-
ten Köpfen des Münchener Bildes entspricht.
Die beiden Karlsruher Tafeln, die wohl auf 1523/24 datiert werden
müssen^" zeigen den Spätstil Grünewalds in voller Ausbildung.
In der Kreuzigung ist die Figurenanzahl gegenüber den früheren
Kreuzigungsbildern weiter vermindert. Nur mehr Christus, Maria und Jo-
hannes sind gegeben. Die beiden Assistenzfiguren stehen sich in ähnlicher
Haltung fast symmetrisch gegenüber. Allein durch ihren verschiedenen Ab-
stand vom Kreuz wird das Figurengleichgewicht aufgehoben und eine ex-
pressive Spannung zwischen ftguraler Form und leerem Bildgrund geschaffen.
Die kurvigen Bewegungen des Isenheimer Altares, die noch in der reichen
Formabwandlung der Erasmus-Mauritius-Tafel nachklingen, sind verschwun-
den. Die geraden Richtungen, die Vertikale und auch die Horizontale, spre-
chen nun eine gewichtige Sprache. Die Assistenzßguren werden durch eine
blockhaft zusammenfassende Kontur geschlossen und durA überkreuzende
Faltenmotive in sich zentriert. Sie sind niAt mehr, wie beim Isenheimer
Altar, durch überßgürliche Bewegungen miteinander verbunden, sondern
stehen ganz für siA, sind ganz einsam. Ihre Blicke treffen sich niAt mehr.
Sie breAen in ihrem Schmerz nicht mehr naA außen aus, sondern wenden
ihn gleichsam in sich selbst zurüA.
Die Farben lösen sich weniger als bei den früheren Werken von den
Formen ab. Es bildet sich keine reiche Polyphonie mehr zwisAen Färb- und
Fprmbezügen, wie noA bei der Erasmus-Mauritius-Tafel, kein lösender
Rhythmus durchßicht mehr die farbigen Formen. - Alle Farben sind gebro-
Aen. Stumpfes Terrakottrot und grauhaltiges Dunkelblau sind die Farben
Marias, fahles Karmin, LehmbräunliA und helles Schmutziggrün die des
Johannes. Das Inkarnat Christi ist wachsgrau mit eisbläulichen Wundstellen. -
Die Brechung mindert die Intensität der Farben und lockert die Farb-Zu-
sammenhänge. Die Farben können weniger als früher aufeinander bezogen
werden. Die Rottöne der Marien- und der Johannesßgur sind keine Abwand-
lungen einer gemeinsamen Farbqualität wie noch bei der Erasmus-Mauritius-
Tafel, sondern sind streng voneinander isoliert, sind allein mit der Figur, der
sie angehören, verbunden. Die Farbbewegung, das Vibrieren, Zueinanderhin-
drängen der Farben ist gegenüber den früheren Bildern stark abgeschwächt.
Die Farben sind RaA und nahezu ungegliedert ausgebreitet, wozu die neue
Großformigkeit und Frontalität der BildersAeinung Voraussetzung ist. - Be-
dingt durch das Fehlen übergreifender Kontrast- und Entsprechungsbezüge
werden die Farben nicht mehr über sich hinausgeführt, sondern wenden sich
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Farben und Dunkelgrund bewirkt eine neue Anspannung des Expressiven,
die zu den späten Werken überleitet.
In die Zeit der Erasmus-Mauritius-Tafel ist die Stockholmer Zeichnung
eines Geistlichen^ (Z. 202; Sch. 36) zu setzen, die in der überaus zarten
Modellierung und LiAt-SAattendifferenzierung genau den locker modellier-
ten Köpfen des Münchener Bildes entspricht.
Die beiden Karlsruher Tafeln, die wohl auf 1523/24 datiert werden
müssen^" zeigen den Spätstil Grünewalds in voller Ausbildung.
In der Kreuzigung ist die Figurenanzahl gegenüber den früheren
Kreuzigungsbildern weiter vermindert. Nur mehr Christus, Maria und Jo-
hannes sind gegeben. Die beiden Assistenzfiguren stehen sich in ähnlicher
Haltung fast symmetrisch gegenüber. Allein durch ihren verschiedenen Ab-
stand vom Kreuz wird das Figurengleichgewicht aufgehoben und eine ex-
pressive Spannung zwischen ftguraler Form und leerem Bildgrund geschaffen.
Die kurvigen Bewegungen des Isenheimer Altares, die noch in der reichen
Formabwandlung der Erasmus-Mauritius-Tafel nachklingen, sind verschwun-
den. Die geraden Richtungen, die Vertikale und auch die Horizontale, spre-
chen nun eine gewichtige Sprache. Die Assistenzßguren werden durch eine
blockhaft zusammenfassende Kontur geschlossen und durA überkreuzende
Faltenmotive in sich zentriert. Sie sind niAt mehr, wie beim Isenheimer
Altar, durch überßgürliche Bewegungen miteinander verbunden, sondern
stehen ganz für siA, sind ganz einsam. Ihre Blicke treffen sich niAt mehr.
Sie breAen in ihrem Schmerz nicht mehr naA außen aus, sondern wenden
ihn gleichsam in sich selbst zurüA.
Die Farben lösen sich weniger als bei den früheren Werken von den
Formen ab. Es bildet sich keine reiche Polyphonie mehr zwisAen Färb- und
Fprmbezügen, wie noA bei der Erasmus-Mauritius-Tafel, kein lösender
Rhythmus durchßicht mehr die farbigen Formen. - Alle Farben sind gebro-
Aen. Stumpfes Terrakottrot und grauhaltiges Dunkelblau sind die Farben
Marias, fahles Karmin, LehmbräunliA und helles Schmutziggrün die des
Johannes. Das Inkarnat Christi ist wachsgrau mit eisbläulichen Wundstellen. -
Die Brechung mindert die Intensität der Farben und lockert die Farb-Zu-
sammenhänge. Die Farben können weniger als früher aufeinander bezogen
werden. Die Rottöne der Marien- und der Johannesßgur sind keine Abwand-
lungen einer gemeinsamen Farbqualität wie noch bei der Erasmus-Mauritius-
Tafel, sondern sind streng voneinander isoliert, sind allein mit der Figur, der
sie angehören, verbunden. Die Farbbewegung, das Vibrieren, Zueinanderhin-
drängen der Farben ist gegenüber den früheren Bildern stark abgeschwächt.
Die Farben sind RaA und nahezu ungegliedert ausgebreitet, wozu die neue
Großformigkeit und Frontalität der BildersAeinung Voraussetzung ist. - Be-
dingt durch das Fehlen übergreifender Kontrast- und Entsprechungsbezüge
werden die Farben nicht mehr über sich hinausgeführt, sondern wenden sich
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