Deutsches
Zeitschrift
für bildende Kunst, Baukunst und
Kllnjlgcwerbt.
Mmstblatt.
Lrgan
der Kunstvereine von
Deutschland.
Unter Mitwirkung von
Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf
. in Berlin — Förster in München — Eitclberger v. Edclberg in Wien.
Lrdigirt mm /. Eggers in Drrliu.
Schnaase
Jahrg.VII.^U 10.
Man abonnirt in Berlin bei Heinrich Schindler, Köpnickerstraße Nr. 92,
in London bei Williams u. Norgate, in Copciibagcn bei C. A. Rcitzel,
Paris bei F. .qlinckssrck, „ Brüssel bei C. Muquardt,
Petersburg bei Eggers u. Co., „ Rcw-?jork bei Wcftrrmann u. Co.,
Stockholm' bei Bonnicr, „ Rom bei I. Spill,över,
tl
n
so wie in allen BnchbandUingen und Postämtern des Zn- und Auslandes für den vierteljährlichen
Preis von 1 Thlr. 20 Sgr. incl. aller Beilagen.
8. Mär; 1836.
Inhalt: Zur Technik der Miniaturmalerei nach dem Verfahren des Malers Holder zu Stuttgart. — Acht Tage in Preußen. Von W. Lübke. — Zeitung.
Berlin. Wien. Prag. Rom. — Kunstvercinc. Kunstausstellung in Hannover. — Der Kunstverein zu Gotha. — Briefwechsel.
Literatur - Blatt Nr. 5. Ludwig Tieck. Erinnerungen aus dem Leben des Dichters, nach dessen mündlichen und schriftlichen Mittheilungen von
Rudolf Kopke. Ludwig Tieck's nachgelassene Schriften. Auswahl und Nachlese. Herausgegeben von Rudolf Köpke. — Lieder des Mirza - Schaffy von
F. Bodenstedt. — Essex von Lohmann.
Zur Technik der Miniaturmalerei nach dem llcrsahren
des Malers Holder zu Stuttgart.
Der Maler Holder zu Stuttgart hat sich durch seine Minia-
turgemälde einen weit verbreiteten Ruf erworben.
Ucber die von ihm zu der allgemeinen deutschen Industrie-Aus-
stellung in München im Jahr 1854 eingesendeten Proben derselben
enthält das von dem Professor an der Akademie der bildenden Künste
daselbst Ph. Foltz abgefaßte Referat des zwölften Ausschusses der
Beurtheilungs-Kommission folgende Aeußcrung:
„Die eigentliche Malerei sollte laut der Instruktion auf der
Industrie-Ausstellung mcht vertreten werden; es sei denn, daß sie
sich durch Neuheit des Stoffes oder des technischen Verfahrens aus-
zeichne. Es bleiben demnach außer den Glas- und Porzellangemäl-
den noch die neuen Malarten zu besprechen, oder solche, deren Be-
handlung technische^Lorzüge zeigen.
Zu den letzterwähnten gehören die vortrefflichen Miniaturbilder
des Herrn Holder in Stuttgart.
Die ausgestellten Werke dieses ausgezeichneten Künstlers über-
raschen durch Tiefe, außergewöhnliche Kraft und Klarheit der Farbe
und Reinheit der Behandlung. Sie wurden von der Kommission
als die besten Miniaturbilder, die ihr je zu Gesicht kamen, erkannt,
und es war augenfällig, daß die Behandlungsweise eine außerge-
wöhnliche sein muß. Herr Holder hat in einer Zuschrift auf die
uneigennützigste Weise sein Verfahren der Kommission mitgetheilt.
Die Kommission hat eingesehen, daß nur diese Technik so Ausge-
zeichnetes möglich macht. Herr Holder wird später sein Verfahren
veröffentlichen, woraus wir hier aufmerksam machen."
Die Vermittlung dieser Veröffentlichung hat Herr Holder der
artistischen Centralbehörde seines engeren Vaterlandes, der Königl.
Kunstschul-Direktion zu Stuttgart übertragen, welche, in ihrem
VII. Iahrgau».
Urtheil über die Leistungen Holdcr's mit der Münchener Kommission
vollkommen einverstanden, und von dem hohen Werth der Veröffent-
lichung seines Verfahrens für die Förderung der Kunst in dem
bezeichneten Fach überzeugt, mit Vergnügen dem erhaltenen Auftrag
durch die Bitte an die Redaktion des Deutschen Kunstblattes nach-
kommt, dem gegenwärtigen Aufsatze die Spalten ihres weit verbrei-
teten Blattes zu öffnen.
Herr Holder hat seiner schriftlichen Mittheilung an uns eine
kurze Geschichte seines künstlerischen Bildungsgangs und der von
ihm in Betreff der Behandlung der Miniaturmalerei gewonnenen
Aufschlüsse angefügt, woraus wir das Nachstehende als geeignet, ein
allgemeineres Interesse anzusprechen, ausheben:
Holder, der Sohn eines würtembergischen, reich mit Kindern
gesegneten Müllers, hatte in der Laufbahn eines Schreibereibeflisse-
nen das 20ste Lebensjahr erreicht, als der Beifall, welchen einige
von ihm für die Feier des Reformationsfestes in der Kirche seines
ländlichen Aufenthalts ausgeführte kolossale Oelgemälde gewannen,
ihn bewog, die bisher in dilettantischer Weise betriebene Malerei zu
seinem Lebensberuf zu machen. Die Stuttgarter Meister, an welche
er sich deshalb wandte, erkannten sein Talent an, bezeichneten ihm
aber eine Bildungsschule, deren Kosten sein Vater entfernt nicht zu
decken vermochte, und so entschloß er sich zu dem Versuch, durch
Ausübung der Kunst die Mittel zur Erlernung derselben zu gewin-
nen. Er trat als Miniaturmaler auf, zuerst im Schwarzwaldgebirge,
dann zu Stuttgart, und dies mit so günstigem Erfolge, daß ein
reichliches Studienkapital in verhältnißmäßig kurzer Zeit gesam-
melt war.
Holder hatte über 600 Miniatur - Portraits gemalt und nach
dieser Tagsarbeit bei Nacht sich fleißig im Zeichnen nach Gyps geübt,
als er zu höheren Kunststudien nach München überging. Er hatte
sich vorgesetzt, durch das Studium selbst das ihm sich eignende hö-
here Kunstfach kennen zu lernen, als die von Professor Schorn in
10
Zeitschrift
für bildende Kunst, Baukunst und
Kllnjlgcwerbt.
Mmstblatt.
Lrgan
der Kunstvereine von
Deutschland.
Unter Mitwirkung von
Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf
. in Berlin — Förster in München — Eitclberger v. Edclberg in Wien.
Lrdigirt mm /. Eggers in Drrliu.
Schnaase
Jahrg.VII.^U 10.
Man abonnirt in Berlin bei Heinrich Schindler, Köpnickerstraße Nr. 92,
in London bei Williams u. Norgate, in Copciibagcn bei C. A. Rcitzel,
Paris bei F. .qlinckssrck, „ Brüssel bei C. Muquardt,
Petersburg bei Eggers u. Co., „ Rcw-?jork bei Wcftrrmann u. Co.,
Stockholm' bei Bonnicr, „ Rom bei I. Spill,över,
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n
so wie in allen BnchbandUingen und Postämtern des Zn- und Auslandes für den vierteljährlichen
Preis von 1 Thlr. 20 Sgr. incl. aller Beilagen.
8. Mär; 1836.
Inhalt: Zur Technik der Miniaturmalerei nach dem Verfahren des Malers Holder zu Stuttgart. — Acht Tage in Preußen. Von W. Lübke. — Zeitung.
Berlin. Wien. Prag. Rom. — Kunstvercinc. Kunstausstellung in Hannover. — Der Kunstverein zu Gotha. — Briefwechsel.
Literatur - Blatt Nr. 5. Ludwig Tieck. Erinnerungen aus dem Leben des Dichters, nach dessen mündlichen und schriftlichen Mittheilungen von
Rudolf Kopke. Ludwig Tieck's nachgelassene Schriften. Auswahl und Nachlese. Herausgegeben von Rudolf Köpke. — Lieder des Mirza - Schaffy von
F. Bodenstedt. — Essex von Lohmann.
Zur Technik der Miniaturmalerei nach dem llcrsahren
des Malers Holder zu Stuttgart.
Der Maler Holder zu Stuttgart hat sich durch seine Minia-
turgemälde einen weit verbreiteten Ruf erworben.
Ucber die von ihm zu der allgemeinen deutschen Industrie-Aus-
stellung in München im Jahr 1854 eingesendeten Proben derselben
enthält das von dem Professor an der Akademie der bildenden Künste
daselbst Ph. Foltz abgefaßte Referat des zwölften Ausschusses der
Beurtheilungs-Kommission folgende Aeußcrung:
„Die eigentliche Malerei sollte laut der Instruktion auf der
Industrie-Ausstellung mcht vertreten werden; es sei denn, daß sie
sich durch Neuheit des Stoffes oder des technischen Verfahrens aus-
zeichne. Es bleiben demnach außer den Glas- und Porzellangemäl-
den noch die neuen Malarten zu besprechen, oder solche, deren Be-
handlung technische^Lorzüge zeigen.
Zu den letzterwähnten gehören die vortrefflichen Miniaturbilder
des Herrn Holder in Stuttgart.
Die ausgestellten Werke dieses ausgezeichneten Künstlers über-
raschen durch Tiefe, außergewöhnliche Kraft und Klarheit der Farbe
und Reinheit der Behandlung. Sie wurden von der Kommission
als die besten Miniaturbilder, die ihr je zu Gesicht kamen, erkannt,
und es war augenfällig, daß die Behandlungsweise eine außerge-
wöhnliche sein muß. Herr Holder hat in einer Zuschrift auf die
uneigennützigste Weise sein Verfahren der Kommission mitgetheilt.
Die Kommission hat eingesehen, daß nur diese Technik so Ausge-
zeichnetes möglich macht. Herr Holder wird später sein Verfahren
veröffentlichen, woraus wir hier aufmerksam machen."
Die Vermittlung dieser Veröffentlichung hat Herr Holder der
artistischen Centralbehörde seines engeren Vaterlandes, der Königl.
Kunstschul-Direktion zu Stuttgart übertragen, welche, in ihrem
VII. Iahrgau».
Urtheil über die Leistungen Holdcr's mit der Münchener Kommission
vollkommen einverstanden, und von dem hohen Werth der Veröffent-
lichung seines Verfahrens für die Förderung der Kunst in dem
bezeichneten Fach überzeugt, mit Vergnügen dem erhaltenen Auftrag
durch die Bitte an die Redaktion des Deutschen Kunstblattes nach-
kommt, dem gegenwärtigen Aufsatze die Spalten ihres weit verbrei-
teten Blattes zu öffnen.
Herr Holder hat seiner schriftlichen Mittheilung an uns eine
kurze Geschichte seines künstlerischen Bildungsgangs und der von
ihm in Betreff der Behandlung der Miniaturmalerei gewonnenen
Aufschlüsse angefügt, woraus wir das Nachstehende als geeignet, ein
allgemeineres Interesse anzusprechen, ausheben:
Holder, der Sohn eines würtembergischen, reich mit Kindern
gesegneten Müllers, hatte in der Laufbahn eines Schreibereibeflisse-
nen das 20ste Lebensjahr erreicht, als der Beifall, welchen einige
von ihm für die Feier des Reformationsfestes in der Kirche seines
ländlichen Aufenthalts ausgeführte kolossale Oelgemälde gewannen,
ihn bewog, die bisher in dilettantischer Weise betriebene Malerei zu
seinem Lebensberuf zu machen. Die Stuttgarter Meister, an welche
er sich deshalb wandte, erkannten sein Talent an, bezeichneten ihm
aber eine Bildungsschule, deren Kosten sein Vater entfernt nicht zu
decken vermochte, und so entschloß er sich zu dem Versuch, durch
Ausübung der Kunst die Mittel zur Erlernung derselben zu gewin-
nen. Er trat als Miniaturmaler auf, zuerst im Schwarzwaldgebirge,
dann zu Stuttgart, und dies mit so günstigem Erfolge, daß ein
reichliches Studienkapital in verhältnißmäßig kurzer Zeit gesam-
melt war.
Holder hatte über 600 Miniatur - Portraits gemalt und nach
dieser Tagsarbeit bei Nacht sich fleißig im Zeichnen nach Gyps geübt,
als er zu höheren Kunststudien nach München überging. Er hatte
sich vorgesetzt, durch das Studium selbst das ihm sich eignende hö-
here Kunstfach kennen zu lernen, als die von Professor Schorn in
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