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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 7.1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.1200#0129
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gen beginnen werde. Wir können nur mit Befriedigung ein solches
Versprechen entgegennehmen und sind auf die nächste Lieferung daher
nicht wenig gespannt.

Mit der Frauenkirche beginnt der Verfasser. Er erzählt zu-
nächst die Geschichte ihres Baues, der- bekanntlich zwei Jahrhunderte
gewährt hat, und bei welchem zwei berühmte Baumeisterfamilien,
die Ensinger und Böblinger, erstere durch drei, letztere durch vier
Meister vertreten war. Sodann folgt eine Beschreibung der Kirche,
und zwar folgerichtig zuerst des Inneren, dann des Aeußeren- wobei
bis in's letzte Detail mit gewissenhafter Sorgfalt Alles gebührend
erwähnt wird, ohne daß jedoch, wie wir das gelegentlich an den
früheren Beschreibungen des Vers, hervorheben mußten, der Ueber-
blick des Ganzen dadurch eingebüßt würde. Vielmehr hat der Vers,
den Totaleindruck und die Grundzüge der architektonischen Kompo-
sition zuerst mit einigen Worten skizzirt, ehe er an's Detailmalen
gegangen ist. Geradezu musterhaft, ja zum Theil unübertrefflich sind

Die S. Nicolauskapelle in Eßlingen.

die eingedruckten Holzschnitte, die ein rühmliches Zeugniß für die
Anstalt von Allgaier und Siegle in Stuttgart ablegen. Doch
hat offenbar auch der Zeichner, der die Kunstwerke mit seinem Wie-
dergeben ihres sthlistischen Charakters ausgefaßt und auf den Holz-
stock gebrächt hat, große Verdienste dabei, und wir haben sofort auf
I. Schnorr in Stuttgart vermuthet, was denn auch gelegentlich
durch sein Monogramm bestätigt wird. Von der gefälligen maleri-
schen Behandlung dieser kleinen Kunstwerke können wir unseren Le-
sern eine Anschauung gewähren; wir bedauern nur, nicht zugleich
auch an einem andern Beispiele die markige, breite, charaktervolle
Stylistik, in welcher das Gesunde, Derbgemüthliche, individuell Freie
der mittelalterlichen Werke wunderschön wiedergegeben ist, Nachweisen
zu können. Sei es reiche Ornamentik, wie an der laubwerkgeschmück-
ten Konsole Fig. 1 oder der weinlaubbedeckten, auf einem Mannes-
kopf ruhenden Konsole Fig. 11; sei es strenge architektonische Glie-
derung, wie an dem Thurmpförtchen Fig. 5, oder seien es die
Gebilde freischaffender plastischer Kraft, wie an dem Relief des jüng-

sten Gerichts vom südwestlichen Portal .der Kirche Fig. 6, dem Relief
vom heiligen Georg am Westportal Fig. 8, der charaktervollen Statue
des Propheten Jesaias Fig. 7; oder endlich sei es' eine Darstellung,
wie die der beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus am reich ge-
schmückten Strebepfeiler Fig. .9, wo streng Architektonisches, freie
Ornamentik und lebensvolle Bildnerei sich paaren: überall erfrischt
und erfreut die glückliche nnd im ächten Geiste gesunder Holzschnitt-
technik wiedergegebene Auffassung. Diese letzteren Arbeiten repräsen-
tiren die schwäbische Skulptur der Spätzeit des fünfzehnten Jahr-
hunderts in würdigster Weise.

Warum bei den folgenden drei Kirchen der Verf. mit seiner
Darstellung am Aeußeren beginnt. und dann erst die Betrachtung
des Inneren folgen läßt, ist nicht wohl einzusehen. Wir glauben,
daß er wohl daran thun wird, in der Beschreibung der Kirchen eine
feste Ordnung und Reihenfolge zu beobachten, weil dadurch der Sinn
des Lesers gesammelt und besser orientirt wird. Daß aber dann
das Innere dem Aeußern zweckmäßiger voraufzuschicken sein möchte,
liegt wohl nahe, da ja die Gestaltung des Letzteren nur aus der An-
ordnung des Ersteren zu erkennen und zu erklären ist. Bei der
Dionhsiuskirche bemerkt der Verf., daß dieselbe „wohl vor 1300
nicht vollendet wurde." Diese Zeitbestimmung ist aber eine zu un-
bestimmte, denn für den ganzen Bau, namentlich den entschieden viel
späteren Chor, ist der Zeitpunkt zu früh, für das Langhaus dagegen
erscheint er mir zu spät. Halten wir fest, daß ein anderes Denkmal
der Stadt, die in streng frühgothischem Styl erbaute S. Paulskirche
bereits im I.. 1268 vollendet war, daß aber das Langhaus- der
Dionysiuskirche noch primitivere Formen, nämlich ein Gemisch ro-
manischer mit gothischen Elementen, und zwar unter Vorwiegen der
ersteren, zeigt, so dürste, trotz des Schweigens der Chroniken, dieser
Bau noch etwas vor 1268 zu setzen sein. Das frühe Auftreten des
gothischen Styls in Esslingen gehört jedenfalls mit zu den interes-
santen Momenten in der Verbreitung dieser Bauweise über Deutsch-
land, und es verlohnt sich wohl der Mühe, jede solcher Spuren
eifrig zu verfolgen.

In Betreff der niedergerissenen Franziskanerkirche, von welcher
nur noch der Chor und eine Säule sammt einem Theil der Umfas-
sungsmauern des Langhauses aufrecht stehen, pflichten wir der Be-
merkung des Verf. bei, daß das Langhaus seinem wesentlichen Kerne
nach offenbar noch im Ausgang des dreizehnten Jahrh. erbaut wor-
den sei; wenn er aber den Chor bis in die Mitte des vierzehnten
hinabrückt, so scheint uns das im Hinblick auf die noch entschieden
srühgothische Behandlung seiner Architektur nicht gerechtfertigt. Aller-
dings ist er die letzte Stufe unter den frühgothischen Bauten der
Stadt, allein wohl schwerlich später als im Beginn jenes Jahrhun-
derts errichtet. Sonach ist für die Entwicklung des gothischen Bau-
styls in Esslingen eine Reihe von charakteristischen Monumenten
nachgewiesen. . -

Außer diesen Kirchen nennt der Verf. als früher vorhandene,
in neueren Zeiten aber beseitigte noch das Augustiner-, das Karme-
liter-, das Nonnenkloster S. Klara und das Kloster zum heiligen
Kreuz, sowie des Spital mit seiner Kirche. Letztere, ein spätgothischer
Bau, von 1485 bis 1495 von Matthäus Böblinger errichtet, fiel
im Anfang unsers Jahrhunderts als Opfer zwecklosen Vandalismus.
Der Herausgeber hat vor ihrem Abbruche Zeichnungen und Auf-
nahmen von ihr gemacht. Mit den zierlichen Holzschnittdarstellungen
der S. Nikolauskapelle und des malerischen Schelzthores schließt
der Text den Abschnitt über Esslingen.

Wir haben nur noch einige Worte über die beigegebenen Ta-
feln hinzuzufügen. Taf. XII giebt die Ansicht des westlichen Portals
von der Südseite der Frauenkirche mit den angräuzenden Architek-
turtheilen, gestochen von L. Ritter. Es ist ein fleißig.und liebevoll
durchgesührtes Blatt, dessen Behandlungsweise aber im Vergleiche -
 
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