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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 7.1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.1200#0206
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Deutsches

Zeitschrift

für bildende Knust, Baukunst und

Kuitstgtlvtrbt.

Kunstblatt.

Hrgan

der Kunstvereine von

Deutschland.

Unter Mitwirkung von

Kugler in Berlin — Passavlint in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase

in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien.

Lrdigirt ttnn /. Eggers ill Drrlin.

Jahrg.vii. M 23.

Man abomürt in Berlin bei Heinrich Schindler, Köpnickerstraße Nr. 92,

in London bei Williams u. Norgate, in Copenhagen bei C. A. Rcitzel,

„ Paris bei F. Klincksieck, „ Brüssel bei C. Muqnardt,

„ Petersburg bei Eggers u. Co., „ New-Bork bei Westermann u. Co.,

„ Stockholm bei Donnicr, „ Rom bei I. Spilhöver,

so wie in allen Buchhandlungen und Postämtern des In- und Auslandes für den vierteljährlichen

Preis von 1 Thlr. 20 Sgr. incl. aller Beilagen.

3. Juni 1856.

Inhalt: Sculptur und Malerei. Zur modernen Kunstanschanung von P. M. HI. — Bemerkungen über Kunstwerke in einigen Provinzen von Frankreich
mit besonderer Berücksichtigung altfranzösischer und altniedcrländischer Kunst. Bon G. F. Waagen. — Kunltliteratur. Die Königliche Kunstakademie zu
Düsseldorf und die Düsseldorfer Künstler, von R. Wiegmann, Professor und Sekretair der K. Kunstakademie. K. S. — Auswahl von Neuigkeiten des deut-
schen Knnsthandels. — Zeitung. Berlin. Kassel. Danzig. Paris. Zürich. London. — Kmistvereillk. Uebersicht der Kunstausstellungen im Jahre 1856. —
Verein für religiöse Kunst in der evangelischen Kirche in Berlin. — Briefwechsel.

Sculptur und Malcrei.

Zur modernen Kunstanschanung von P. M.

III.

Die Absicht der vorliegenden Betrachtungen ist, wie man be-
merkt haben wird, bei weitem nicht die, auf ästhetischem Felde etwas
Neues aufzustellen, sondern vorzugsweise gewisse weitverbreitete An-
sichten bald mit der Kerze gläubiger Anerkennung, bald mit dem
Lämpchen eines bescheidenen Zweifels anzuleuchten. Wir bitten da-
her um Nachsicht, wenn wir im Folgenden zunächst manches Oftge-
sagte wiederholen müssen. Indem wir uns nämlich nicht überzeugen
konnten, daß in Form und Farbe der wesentliche Unterschied
der Plastik und Malerei begründet sei, so werden wir darauf ge-
führt, daß er im Raum liegt. Wirmeinen damit zweierlei: erstens
das Bekannte, daß bei der Malerei alle Punkte in einer und der-
selben (geraden oder krummen, z. B. bei Gewölben) Fläche liegen
müssen, während die Plastik dem Beschauer unendlich verschiedene
Flächen darbietet. Zweitens aber auch die verschiedene Weise, wie
der Raum als solcher, sammt Allem, was er enthält, von den bei-
den Künsten zur Anschauung gebracht wird. Wie das Zweite eine
nothwendige Folge des Ersten ist, so scheint uns aus Beidem her-
vorzugehen, daß nicht nur die technischen, sondern auch die ästheti-
schen Verschiedenheiten der Malerei und Plastik wesentlich von den
Gesetzen der Optik regiert werden.

Die Plastik in ihrer vollen Erscheinung als Nundgebilde (roncle-
bosse) hat es eigentlich mit dem Raum nur insofern zu thun, als
er sie umgiebt, oder sie ihn ausfüllt, — mit dem wirklichen Raum
also. Da sie wirkliche Körper (die Malerei nur den Schein von
solchen) hinstellt, so verhalten sich zu ihren Werken die Gesetze der
Perspektive, die Wirkungen des Lichts, wie zu jedem andern Kör-
per, nämlich nur äußerlich bedingend. Anders die Malerei. Für

VH. Jahrgang.

sie sind die Perspektive, die Beleuchtung gewissermaßen auch innere
Angelegenheiten. Während die Sculptur wenigstens im Prinzip die
absolute Nichtigkeit der Verhältnisse, wie die Natur sie bietet, erstre-
ben darf, muß sich die Malerei für jedes Werk eine relative Rich-
tigkeit erst schaffen und construiren. Der Bildhauer z. B. wird die
Länge eines Arms oder Schenkels auch in der schwierigsten Stel-
lung mit dem Zirkel abmessen können; der Maler kann jeden Augen-
blick in dem Fall sein, jenem Gliede statt der wirklichen ganz andre
Verhältnisse geben zu müssen, die doch gleichwohl richtig erscheinen
sollen. Aehnlich mit der Wirkung des Lichts: was der Maler,
abgesehen von der äußern Einwirkung, täuschend mit Heller und dunk-
ler Farbe auszndrücken sucht, muß der Bildhauer jener äußern Ein-
wirkung allein überlassen. Vortheile und Schwierigkeiten stehen hier
wechselweise in so wunderbarem Verhältnis, daß, wie wir schon an
andrer Stelle bemerkten, mindestens ein Michel Angelo dazu gehö-
ren würde, sie gegen einander abzuwägen. Wir aber dürfen wohl
den geneigten Leser bitten, uns zu dem zweiten oben erwähnten
Punkt zu begleiten, zu der Frage, wie es sich nun mit der Dar-
stellung des Raumes verhalte. Der erste Punkt wird deshalb
nicht weit zu verlassen sein.

Wir sagten so eben, daß die Plastik es wenigstens für runde
Figuren nur mit dem wirklichen Raume zu thun habe, und scheinen
uns gewissermaßen in einem Widerspruch zu befinden, wenn nun
dennoch von einem dar gestellten Raum die Rede sein soll. Die
Lösung liegt aber darin, daß die Plastik, besonders auf dieser Stufe,
den Raum zwar nicht darstellen, wohl aber andeuten kann. Es
handelt sich nämlich nicht immer um so abstrakte Motive und Situa-
tionen, daß sie überall und immer erscheinen und sich durch sich sel-
ber erklären könnten. Sondern in unendlich vielen Fällen wird die
Umgebung, die Lokalität, genug die Modifikation des umgebenden
Raumes dabei mitsprechen müssen. So gehört zur Badenden das
Wasser, zum Schützen sein Ziel, ja zum einfach Sitzenden oder Lie-

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