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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 7.1856

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https://doi.org/10.11588/diglit.1200#0240
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229

sehen. Die brennende Stadt im Hintergründe wirft ihren Schein
bis in ein Felsenthor des Mittelgrundes hinein, durch welches die
Flüchtenden zu ziehen haben. Lot mit den Töchtern an der Hand
strebt vorwärts und würde selbst zurückschauend, den verderblichen
Anblick nicht mehr haben können. Nur das unglückliche Weib ist im
Hintergründe des Thores, also an der Schwelle desselben, wo noch
ein letzter Blick aus Sodom möglich ist,' stehen geblieben und —
muß nun erstarren. Wie überaus natürlich ist dieser Zug. Sie hat
jedem Umschauen widerstanden und würde auch noch weiter gegangen
sein ohne sich zu wenden, nur da sie wußte, dies ist der letzte Blick,
so verfiel sie seinem versührerischen Zauber. 18—20. Die drei
Hagarbilder sind nach unserer Ueberzeugung die Glanzpunkte des
Ganzen- „Zuerst der Abschied; die wohnliche, beschattete Hütte, aus
deren Schwelle die greise Herrin mit ihrem Knaben sitzt, liegt schon
hinter der Hagar. Der Erzvater hat die geliebte Sklavin mit ihrem
weinenden Sohne bis zu dem plätschernden Brunnen am Wege ge-
leitet und entläßt sie mit wohlgemeintem, aber schwachem Tröste."
So frisch und morgenkühl weht es unter den Bäumen und so ver-
derblich sengt es und brennt es 19. in der Wüste. Wie ist es mög-
lich, fragt man sich, daß Jemand mit Kohle so viel kühle Lust aus
dem einen, so viel heiße Luft auf dem andern Bilde zeichnen kann?
Denn heiß ist es hier, wo ein wenig schieferartiges Gestein, das sich
schattenlos aus dem Grunde zusammenschiebt, das Einzige ist, was
die todte Eintönigkeit der unabsehbaren Sandfläche unterbricht, über
der mit unerbittlicher liebloser Schönheit und in unerreichbarer Höhe
leichte Lämmerwölkchen schweben, die von oben, also von der Mit-
tagssonne, beleuchtet sind- Wie selber zu Stein geworden lehnt die
Unglückliche an einen Felsen, und einen Bogenschuß von ihr liegt
der Knabe. Aber der längste Tag hat seinen Abend. 20. Die Sonne
wirft mattere Strahlen gegen die untere Seite der Wolken und in
den Abendhimmel hinein ragt die Gestalt des verheißenden Engels,
dessen Umrisse sich in schönen Linien von dem Himmel absetzen. Die
getröstete Mutter hat sich zu ihm emporgeschleppt; es weht uns an,
wie ein leiser Hauch erquickenden Schaltens und glutstillender Feuch-
tigkeit.

21. Es folgt nun Abrahams Gehorsam. Wir sehen ihn am
Fuße des Berges; die Knechte mit den Eseln sind zurückgeblieben,
er selbst schreitet mit dem willigen, nichts ahnenden Knaben rüstig
vorwärts. „Neben ihm heben sich einfache, grandiose Bergmassen,
kräftige Bäume sind vereinzelt aus rauhem Boden emporgewachsen,
wir fühlen die reine stärkende Lust des Gebirges. Die Natur kommt
dem männlichen Entschlüsse des Gehorsams zu Hülfe, der dann (22)
den Lohn empfängt. Die Geschichte des Patriarchen hat nun ihren
Höhepunkt erreicht und neigt sich zum Ende. 23. Sein Weib geht
ihm voraus; in der Höhle Mamre soll sie bestattet werden. Es
ist Abend, sauste Dämmerung umschleiert die Ferne, kein Blatt be-
wegt sich, der Greis sitzt im tiefen Schmerze in sich gekehrt am
Boden an der Bahre der treuen Gefährtin; der Sohn steht trauernd,
aber ungebrochen und. aufrecht daneben. Jetzt ist für diesen zu sor-
gen; der Stammvater des auserwählten Volkes muß wenigstens den
Beginn des ihm verheißenen Segens noch schauen. Dies zeigen die
beiden nächsten Blätter: 24. die oft und hier mit ihrem ganzen
idyllischen Reize dargestellte Scene, wo Eliescr Rebecca am Brun-
nen findet, dann 25. die Begegnung Jsaac's mit seiner Braut am
Brunnen des Lebendigen und Sehenden. Im Hintergründe auf der
Höhe des Hügels sehen wir, scharf vom hellen Himmel umzeichnet,
hier den Verlobten zwischen den Bäumen hervortretend, dort in ei-
niger Entfernung die Karavane und in ihr die fragende und for-
schende Bewegung der Braut. 26. Nun sind wir am Schlüsse, der
Patriarch hat seine irdische Pilgerschaft vollendet. Es ist wiederum
Abend; die Töne der Wehmuth von dem Grabe der Sarah klingen
wieder'an, aber in kräftigeren Akkorden. Ruhig schreitet der Zug!

mit der Leiche des patriarchalischen Fürsten der dunklen Höhle zu
deren Felsenthor noch von den letzten Strahlen der untergehenden
Sonne, scharf beleuchtet wird, während auf der andern Seite der
Mond sich erhebt und sein mildes Licht über die Fläche ausgießt."

So weit ist der Künstler bis jetzt gekommen. Das Geleistete
sind die Feierabende eines einzigen Winters, dessen Tage mit der
Organisation einer Schule ausgefüllt waren. Wahrscheinlich wird
er noch weiter zeichnen, vielleicht auch einzelne Blätter (zusammen-
gehörige etwa von dreien) in Farben ausführen.

Wir können diesen Bericht nicht ohne die Bemerkung schließen,
daß gerade diese Sammlung dem feinen Kenner der Kunst wie dem
ungeübten Auge und dem schlichten Sinne des Volks, daß sie jedem
Gcmüthe gleich nahe steht und gleich viel an Genuß und Erbauung
gewährt. ' F. <5.

Heilung.

©Sprint, 22. Juni. In der gestrigen öffentlichen Sitzung der k. Aka-
demie der Künste, in welcher die jährlichen Preisvertheilungen an die Zöglinge
der Akademie und der Kunst- und Gewerbe-Anstalten des preußischen Staates
stattfanden, gab der Vorsitzende in ausführlicher Rede Bericht von der Vermeh-
rung der akademischen Kunstsammlungen. Diese Sammlungen enthalten manche
interessante Schätze, z. B. vortreffliche Blätter von Carstens, meisterhafte land-
schaftliche Skizzen von Blechen, den schönen Karton von Cornelius: die Brüder
Josephs, ferner eine gute Kopie der aldobrandinischen Hochzeit, sowie, was für
die Akademie noch einen besonderen Werth hat, Arbeiten von Mitgliedern der
Akadenlie seit dem ersten Direktor derselben, Werner, darunter B. das merk-
würdige Gemälde des letztgenannten, von welchem Kugler in seinen Kleinen
Schriften re. I. S. 533 ff. ausführlich berichtet hat.

Unter den neuen Vermehrungen der vorgedachten Sammlungen wurde mit
Auszeichnung als eine vorzüglich umfangreiche und werthvolle die vom Ehren-
mitgliede der k. Akademie, Herrn Konsul Wag euer geschenkte Sammlung älterer
Niederländer und deutscher Meister hervorgehoben. Der bekannte Freund und
Förderer der Kunst hat nämlich denjenigen Theil seiner vorzüglichen Sammlung,
den er von seinem Vater geerbt und an welchem seine eigene Kunstliebe sich her-
angebildet hat, aus schöner Pietät, um diesen auch kunstgcschichtlich interessanten
Theil vor Zerstreuung'zu bewahren, der k. Akademie vermacht. Es befinden sich
darunter fünf tüchtige Werke von Dietrich, ein Elzheimer, ein D. de Heem'
P. Neefs, Artus van der Neer, Palamedes, Lukas van Uden, Vincke-
booms, zwei Wouvermans u. A. Die Sammlung wird nach ihrem ver-
ehrten Geber ihre besondere Bezeichnung unter dem Kunstbesitz der Akademie er-
halten; die anerkennenswerthe Liberalität des Konsuls Wagener, die sich auch hier
wieder in ächtem Sinne als kunstfördernd bewährt hat, wurde vom Vorsitzenden
mit Recht gerühmt und zur Nacheiferung anempfohlen.

Zugleich wurde angezeigt, daß Herr Professor Rauch beschlossen habe, von
seinen sämmtlichen Werken, soweit sie noch zu erreichen seien, Abgüsse den Samm-
lungen der k. Akademie zu überweisen, ein Geschenk, welches um so werthvoller
und anziehender ist, als dadurch ein Rauch-Museum (etwa in der Art des Thor-
waldsen-Museums in Kopenhagen) entsteht, welches einen sonst nicht leicht zu er-
langenden Ueberblick über die gesammte, so hochbedeutsame und umfassende Thä-
tigkeit des Altmeisters der neuen Berliner Bildhauerschule gewährt.

^TlUtktUtt lt. ffit. Das vorige Woche inaugurirte neue Bethmann'sche
Museum zieht noch immer große Massen Beschauer und Bewunderer an. Es
ist in einfachem Style, in Form eines Octogams, gebaut, von oben beleuchtet,
und der Total-Eindruck ein imposanter. Für die „Ariadne" ist ein besonderer
Anbau angebracht worden, mit eignem Oberlichte, so daß man das herrliche
Werk Danneckers jetzt aus einer Entfernung von 48 Fuß betrachten kann. Außer
diesem Hauptschatze birgt das Museum den neu hinzugekommenen „Alexanderzug"
von Thorwaldsen, der, lange in Rom in Thorwaldsens Atelier befindlich, später
mit den übrigen Kunstschätzen des Meisters nach Kopenhagen wanderte, und da-
selbst neulich von Herrn Moritz von Bethmann käuflich erworben wurde. Nir-
gends dürfte dieses großartige Werk eine schönere Aufstellung gefunden haben,
wie das in dem neuen Museum der Fall ist. Diese Acquisition ist unschätzbar
.für das neue Gebäude und die hiesige Bevölkerung muß es Herrn von Beth-
mann Dank wissen, daß er eine solche neue Zierde der Kunst hieher verpflanzte.

Se. Maj. der Kaiser Ferdinand und die Kaiserin Maria Anna haben für
die Restauration unseres Domes 2000 Fl. C. M. bewilligt. (D.)
 
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