Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 8.1857

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1201#0059
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
/


t'utl'dics

Zeilschnfl

für bildende Kunst, Baukunst

Knnstgcwcrlic.

Kunstblatt

Lrgan

der Kunflvereine vou

Arutschtand.

Unter Mitwirkung von

Kugler in Berlin — PassavanL in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase

in Berlin — Förster in München — Eitelberger v. Edelberg in Wien.

- ' •

foiiigirt mm /. Eggers in Berlin.


Jahrg. VI». M 6.

Man abonnirt in Berlin bei Heinrich Schindler, Köpnickcrstraße Nr. 92,

in London bei Williams u. Norgate, in Covcnbagen bei C. A. Neitzel,

„ Paris bei F. Klincksieck, Brüssel bei C. Muquardt,

„ Petersburg bei Cqgers u. Co., „ New-York bei Weftermann u. Co.,

„ Stockholm bei Bonnier, „ Rom bei I. Spithöver,

so wie in allen Buchhandlungen und Postämtern des In- und Auslandes für den vierteljährlichen

Preis von 1 Thlr. 20 Sgr. incl. aller Beilagen.

3. Februar 183?.

.....

Inhalt: Goethe-Schiller-Gruppe von Rietschel. — Kunstliteratur. Geschichte der bildenden Künste von Dr. C. Schnaase. Von W. Lübke. — Zeitung.
Berlin. Nürnberg. Paris. Turin. Kopenhagen. — Kunstvcrcine. Der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. — Berichtigung.

Literatur. Blatt Nr. 3. Phädon, oder über die Unsterblichkeit der Seele. Von Moses Mendelssohn. Herausgeg. und mit einer Einleitung
versehen von D. Friedländer. — Zur Goethe-Literatur. Goethe's Leben und Schriften. Von G. H. Lewes. Uebers. von Dr. Julius Frese, lieber
Goethe's Verhältnis; zu Religion und Christenthum. Von Ludwig v. Lancizolle.

Goethe-Schiller-Gruppe von Rietschel.

München, 17. Januar.

Gestern und heute war hier in der königl. Erzgießerei das
Modell zur „Goethe-Schiller-Gruppe" von E. Rietschel ausgestellt
und ist allen Kunstfreunden, die rechtzeitig davon Kenntniß erhielten,
ein Gegenstand hohen Genusses gewesen. Der Meister der Lessing-
statne hat in der That durch diese Arbeit seine eminente Begabung
für zugleich charakteristische und plastisch-schöne Darstellung geistig
bedeutsamer Persönlichkeiten auf's Neue bewährt, und was er hier
geleistet, ist um so mehr zu bewundern, als die Lösung gerade die-
ser Aufgabe mit ganz besonderen Schwierigkeiten verbunden war.
Schon die Vereinigung zweier Portraitstatuen zu einem Kunstwerk
von monumentalem Charakter war etwas der bisherigen Kunstpraxis,
ja man kann nicht leugnen, in mancher Beziehung auch dem Zweck
der monumentalen Plastik Widerstrebendes. Wenn offenbar Dar-
stellung einer irgendwie historisch bedeutenden Individualität als einer
in sich selbst vollendeten und abgeschlossenen Erscheinung der eigent-
liche Zweck eines plastischen Monuments ist, so liegt es in der Na-
lur der Sache, daß sich nicht wohl zwei oder mehr Persönlichkeiten
in einem Kunstwerk vereinigen lassen, weil es eben die Darstellung
der gegenseitigen Beziehung zwischen den beiden Persönlichkeiten un-
möglich macht, jedem einzelnen derselben das Gepräge einer voll-
kommenen Abgeschlossenheit in sich zu geben. Eine Ueberwindung
dieses Widerspruchs ist unstreitig dann am leichtesten, wenn die Be-
rühmtheit beider Personen aus der gemeinsamen Vollziehung einer
Handlung beruht, die als solche plastisch darstellbar ist; die Bedin-
gung wird aber in diesem Fall nicht erfüllt, denn das Zusammen-
wirken Goethe's und Schiller's ist so allgemeiner und übersinnlicher
Art, daß es sich von der bildenden Kunst nur symbolisch darstellen
läßt. Hinzukommt noch, daß das Verhältniß zwischen beiden Dich-
tern der Betrachtung sehr verschiedene Seiten darbietet. • Einerseits

VIII. Jahrgang.

bilden sie zu einander einen ziemlich schroffen, fast diametralen Ge-
gensatz, der bewirkt hat, daß sich die deutsche Nation rücksichtlich
ihrer lange Zeit hindurch in zwei einander fast feindliche Heerlager
gespalten und diesen Zwiespalt auch jetzt noch nicht ganz überwunden
hat: denn immer noch pflegen die, welche besonders feine Fühlfäden
für die Schönheiten der Goethe'schen Dichtungen haben, die Leistun-
gen Schillers nicht so hoch anzuschlagen, um einzuräumen, daß ihm
ein Platz neben Goethe gebühre; und umgekehrt haben die, welche
sich mit besonderem Enthusiasmus zu Schiller hingezogen fühlen, in
der Regel wenig Empfänglichkeit für die Leistungen Goethe's. An-
dererseits aber sind beide Dichter gerade in Folge dieses Gegensatzes
zu zwei so untrennbaren Objecten des Nationalbewußtseins gewor-
den, daß man den Namen des Einen nicht nennen kann, ohne zu-
gleich an den Andern zu erinnern, und Beide haben, nachdem sie
der damalige Mittelpunkt des poetischen Lebens und Strebens in
Deutschland auch örtlich vereinigt, zu einander selbst in einem so
ächt sreundschastlichen Verhältnisse gegenseitiger Anerkennung und
Ergänzung gestanden, daß die Nothwendigkeit, sie als Eins und ver-
bunden zu denken, in nicht minderem Grade vorhanden ist, als das
Bedürfniß, den Gegensatz zwischen ihnen aufzufassen. Es springt in
die Augen, daß der.Künstler, wenn er in seinem Werke nicht einsei-
tig verfahren wollte,.nothwendig diesen beiden einander gegeuüber-
stehenden Auffassungsweisen Rechnung tragen mußte und daß er,
wenn ihn der letzterwähnt^ Standpunkt berechtigte, beide Dichter zu
einem Ganzen zu vereinigen, nicht unterlassen durfte, auch den zwi-
schen beiden bestehenden Gegensatz in zwar nicht feindlicher, aber doch
scharf hervortretender Weise zum Ausdruck zu bringen. Und dies
eben ist dem Künstler in so befriedigender Weise als nur immer'
möglich gelungen, obschon es natürlich ist, daß man unter den be-
sprochenen Umständen von dieser Gruppe nicht denjenigen Grad der
Einheit fordern darf, wie in Gruppen rein idealen Charakters, in

denen die verschiedenen Figuren entweder durch eine wirklich gemein-

6
 
Annotationen