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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Hardenberg, Kuno von: Quellen des Behagens: Vom Sammeln
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0043

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Vom Sammeln.

i'AI'i. I'I.i )N I KK DRESDEN.

»fl( irentixisches fuhrwerk«

Gebäuden, in Hotels, in Schulen vielleicht an-
gebracht, dem Geiste echten Behagens, das
aus dem Menschlichen seine Befriedigung und
Freude erzeugt, widersprechen sie.

So achten denn tüchtige Raumkünstler, ehe
sie ihr Werk in einem Hause beginnen, sorg-
fältig auf die Sammelleidenschaften der Bewoh-
ner, und wo sie solche entdecken, beginnen sie
auf diesen fußend ihr Werk, und wo sie keine
starken finden, da suchen sie nach Ansätzen
und der Möglichkeit, welche zu entwickeln:
Denn ohne sie ist und bleibt ein Hauswesen
allenfalls ein Dokument für die begabte Per
sönlichkeit des Raumkünstlers oder Architekten,
wird aber nie ein Dokument für die Persönlich-
keit der Bewohner sein, wofern diese nicht ihren
Ehrgeiz in rauhem Puritanismus suchen — oder
in absoluter Unpersönlichkeit, was allerdings
auch ein Ausfluß von Persönlichkeit, wenn auch
kein menschlicher und sympathischer sein kann.
Am verbreitetsten ist in unseren Tagen das
Antiquitätensammeln und in manchen Städten
gibts ebensoviel Altertumshändler wie Brot-
läden. Es ist das kein gutes Symptom und deutet
darauf hin, daß man spielerisches Maskieren,
ein Sich-in-andere-Zeiten-Hineinstimmeln dem
gesunderen und frischeren Sich-in-seine-Zeit-
einleben vorzieht. Aber auch wirtschaftlich
und kulturell ist das Altertumssammeln kein
Glück! Ist es denn menschlich, ist es gerecht,

daß ein Künstler sein hundertjähriges Ver-
hungerungsjubiläum gefeiert haben muß, bis ein
Trödler oder ein schäbiger Zwischenhändler
den Lohn für sein heiliges Schaffen einstreichen
kann! — Gott sei Dank hat das Altertums-
sammeln seine Strafe in sich: Selten sind die
guten Antiquitäten, alt wie es selbst, ist das
Fälschen, und die Austin's de Bordeaux, die
im Mittelalter antiquitätenhungrige Kaiser an-
schmierten, betrügen auch noch unsere anti-
quitätenlüsternen Damen und Herren — und
betrügen sie hoffentlich noch so lange, bis sie
es endlich lernen, daß gute ehrliche Schöpfun-
gen ihrer Zeit besser sind als die besten, aber
unehrlichen Fälschungen vergangener Werte.
Und — Gott sei Dank: Unser modernes auf-
blühendes Kunstgewerbe und unsere frische
junge Kunst mit ihrem unendlichen Reichtum,
bietet den Verständigen und Einsichtigen längst
ein dankbareres ästhetisches Sammelgebiet als
die zweifelhafte Luft der Trödlerläden.

Es hat Sinn, historische Dokumente zu sam-
meln, es hat Sinn, praktische Dinge zu Nutz
und Frommen zu vereinen, es hat Sinn, Kunst-
werke aus allen Zeiten zu sammeln, wenn sie
echt und gut sind — aber seine Wohnung mit
Trödel zu bevölkern, mit altem Gerümpel elen-
dester Technik und Machart, nur weil es den
Nachteil hat, alt und schmutzig zu sein — das
hat eben keinen Sinn, kuno graf Hardenberg.

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