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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Kleine Kunst-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0451

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Kleine Kunst-Nachrichten.

BECHOFF, DAVID & CO.—PARIS. HAUSKLEID
AUS SEIDENSTOFF MIT REICHER BUNTEN MUSTERUNG.

KLEINE KUNST-NACHRICHTEN 1913.

JANUAR.

AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS. Paul
L Cassirer will während der nächsten Zeit einige
junge Privatsammlungen zur Ausstellung bringen.
Es soll damit bewiesen werden, daf3 in Deutschland
die Amateure der modernen Kunst mit Eifer und
Geschick einzukaufen wissen. Den Anfang macht
die Sammlung Reber, der Besiß eines rheinischen
Industriellen. Was da in wenigen Jahren an Bildern
zusammenkam, überrascht durch die Gleichmäßig-
keit einer reifen Qualität und durch die gemeinsame
Lebensart. Cezanne ist der Maßstab dieser Samm-
lung: die Vitalität der Linie, eine nervös gespannte
Farbgebung, eine Leidenschaft, die sich im Kampf
um die Form verblutet. Keusche Sensationen der
Klassik empfangen wir vor diesen Bildern, die wie
Glieder einer großen kosmischen Familie ineinander-
fassen. Es ist ergreifend, zu sehen, wie sich Linien
auftun von Cezanne bis zu den Helden des Barock.
Eine kleine Leinwand, die dem Meister von Meßkirdi
gehören soll, zeigt deutlich, wie der Gefühlsdrang, der
sich in dem französischen Systematiker entläd, schon
vor Jahrhunderten naiv keimte. Solche Zusammen-
hänge überschauen, läßt die Revolutionäre der Ge-
genwart zu Erfüllern werden. Es ist ein Weg von
dem altholländischen Kalff zu van Gogh; das läßt
sich hier nachprüfen. Und wie Manet und Goya
untereinander und beide mit Velasquez verwandt
sind, das gibt den malerischen Phänomenen der ein-
zelnen Bilder die Großheit des Gesetzmäßigen.
Durch Manets „Knabe mit Hund" und Goyas
„Spinnerinnen", durch die Stilleben und die Bild-
nisse des Cezanne empfängt die Sammlung Reber
den Charakter eines Dokumentes der Malgeschichte.
Die anmutigen Vibrationen des Monticelli und die
sinnlichen Spiele Renoirs, dieses Watteaus der
Impressionisten, girren wie Ranken in der Monu-
mentalität solches Museums. — Gurlitt bringt die
erste der Jubiläumsgaben im 25. Jahre der Regie-
rung Wilhelms 11. Es werden typische und be-
sonders frühe Werke jener Meister gezeigt, die
seit 1888 in diesem Salon zur Ausstellung kamen.
Abermals sind es die Gemeinsamkeiten, die uns
solch Nebeneinander von Vielen interessiert ab-
wandern lassen. Von Corot ein Bildchen, das noch
den schematischen Baumschlag zeigt, und das doch
schon von einem Grün erfüllt ist, in dem das Tem-
perament aller Landschaftseroberung sich zu regen
scheint. Dann Courbet, in einigen Stellen fast kit-
schig und doch berstend vom Drang zum Propheten.
Seine Kinder und Kindeskinder sind versammelt,
Trübner, der schon 1876 mit fabelhafter Kraft
Buchenstämme malte, Hagemeister, der rückwärts
an Schuch und Leibi mahnt. Ganz zeitlos scheint
Liebermann mit seinem Selbstporträt von 1901;

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