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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Bredt, Ernst Wilhelm: Adelbert Niemeyers Haus Krawehl
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0071

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zeichnende: dem rätselhaften Zauber seiner
farbeinheitlichen Räume wird sich jeder hin-
geben, nur wenige werden sich sofort darüber
klar werden. Das gemessen hohe Entree erfüllt
immer warmes wie sonniges Licht. Die orange-
gelben Vorhänge der dunklen eichenen Glas-
türen, der gelbe Marmor der glatten Wände,
die nur durch wenige schwarze Linien aufgeteilt,
geben dem würdigen Vorraum frohe Stimmung,
nehmen der Strenge das Pathos der Feierlich-
keit. Wir sind in einem Hause der Sonne
und edler Fröhlichkeit. Noch nie sah ich so
„schmucke" Garderoben wie die hier rechts
und links vom Eingang. Weiß, Braun und Silber!
Glasierte Tonplatten, entzückend gefaßt nach
dem Plafond zu, vernickeltes Metall, bearbeitet
mit der Liebe des Goldschmieds und diese Kühle
und Frische des Vorraums wieder getaucht in
ein warmes, orangenes Licht.

Aus den niedrigen Vorräumen tritt man nun
in den höchsten Raum des Hauses, die wohn-
liche Halle, um die sich Musik-, Eß-, Damen-
zimmer, Bibliothek, Herrenzimmer so grup-
pieren, daß alle Räume gegenseitig, alle mit
diesem Hauptraum unmittelbar verbunden sind.

Und diese Verbindung von Behagen und Opu-
lenz hat Niemeyer durch Farbenwahl und Licht,
malerisch-architektonisch anscheinend ohne
jede Mühe aufs höchste gesteigert. Der Raum
hat kein direktes Licht, und doch meint man die
träumerisch-warme Lichtfülle zu genießen eines
Lustschlößchens unter beschattenden Bäumen
eines Parks. Von den Türen des Eingangs, von
den Fenstern oben ringsum wirkt jenes warme
goldene Licht, aus dem Niemeyer in diesem
Hause, vortrefflich rechnend mit dem jeweils
andersartigen Reflex der Wände, immer neue
Harmonien der Töne und Stimmungen zu schaf-
fen wußte. Denn hier tritt wieder die klassische
d. h. führende Mäßigung der Mittel durch den
Meister des Hauses hervor. Er sucht nicht, in
immer wieder anderen, stark kontrastierenden
Farben die einzelnen Teile des Hauses effekt-
voll zu machen. Das ist ihm zu billig, zu äußer-
lich. Der Tapezierermanier stellt er höchste
geläuterte Kunst farbiger Raumschöpfung ent-
gegen. Er arbeitet nie „mit allen Mitteln" —
ein Gedanke des Künstlers bestimmt alles.
Das sind Räume, die in der Bemessung der
Höhen, Weiten und Einteilungen jedem Archi-
 
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