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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Planer, Franz: Die Austellung im österreichischen Museum für Kunst und Industrie 1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0105

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Die Ausstellung im österreichischen Museum.

erschwinglich sind, so wundervoll, so edel sie
sein mögen ; sie helfen uns nicht weiter. Wenn
man sagt, daß diese Frühjahrsausstellung öster-
reichischer Kunstgewerbe eine Ausstellung für
die Reichen war, so ist damit der einzige Tadel
ausgesprochen, den sie verdient.

THEORIE UND PRAXIS. Ein Erzherzog hat
diese Ausstellung eröffnet, ein kluger Minister
hat ihr Worte bedingungsloser Anerkennung
gespendet. Ein Erzherzog und ein Minister —
in den Schlössern aber, auch in den „modernen",
herrscht noch immer kalter, überladener Prunk,
und derRiesenbau des neuenKriegsministeriums
am Stubenring zeugt mehr von der Wiener
Bauschande als von der Wiener Kunst. In jedem
Ministerium sitzen wohl an die tausend Beamte.
Diese tausend Beamte brauchen tausend Tinten-
fässer und jedes dieser Tintenfässer ist erbärm-
lichster Schund. Sie brauchen tausend Schreib-
tische und jeder dieser Schreibtische ist billigste
Dutzendtischlerware; sie brauchen tausend
Stühle und jeder dieser Stühle ist schäbige,
kunstlose Schleuderarbeit. Exzellenz! Minister
der öffentlichen Arbeiten! Sie sprachen so
klug, so einsichtig von unseren Zielen. Geben
Sie ein Beispiel! Es gibt noch Mittel, dem
Kunstgewerbe auf die Beine zu helfen. . . .

ERZIEHUNG ZUM KUNSTGEWERBE. Es
fehlt uns nicht an Künstlern, nicht an Schöpfern
neuer Schönheit; wohl aber an denen, die sie

verwenden wollen, verwenden können. Das
wissen die Leiter des österreichischen Museums
für Kunst und Industrie sehr wohl, und seit
einiger Zeit sind sie daran gegangen, die Kon-
sumentenkreise planmäßig zu beeinflussen, sie
zu erziehen. Die Wiener Kunstgewerbeschule
veranstaltet jetzt Jugendkurse, an denen Kinder
im Alter von sechs bis 14 Jahren teilnehmen.
Es wird da gemalt, gezeichnet, modelliert, ge-
stickt, genäht, entworfen. Nicht Künstler sollen
diese Kurse erziehen, nicht Produzenten, son-
dern Konsumenten. Die künstlerische Emp-
findung soll geweckt, geführt, geklärt werden.
Es ist ein Versuch. Ließe er sich im Großen
durchführen, an allen Schulen des Reiches mit
gleichem Verständnis — in zehn Jahren hätte
aller Jammer ein Ende. Denn des Konsumenten
Wille geschieht. Verlangt er Schund, so wird
Schund fabriziert, fordert er edle Arbeit, so
wird sie ihm in überreicher Fülle.

SCHULE UND SCHÜLER. Diese Ausstel-
lung war ein wunderbarer Beweis für den Wert
guter Schulen. Vor fünfzehn, zwanzig Jahren
gab es in Österreich so gut wie kein Kunstge-
werbe. Als die jungen, mutigen Kräfte die
Kunstgewerbeschule in ihre Hände bekamen,
wurde es allgemach lebendig und heute sind
die Schüler den Meistern längst ebenbürtig an
die Seite getreten. Nörgler behaupten zwar,
daß der Lehrer, je besser, je bedeutender er

ENTWURF: OLGA SITTE—WIEN.

KERAMIK: »WINI)HUNI)E«

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