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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Breuer, Robert: Der Künstler und seine Welt: Curt Herrmann - Berlin als Maler und Sammler
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0145

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DER KÜNSTLER UND SEINE WELT.

CURT HERRMANN BERLIN ALS MALER UND SAMMLER.

A \ Tir wissen, daß Rembrandt ein Sammler
VV war. Kostbare Gewebe und edle Metalle,
Waffen, Trinkgefäße, faltenschwere Mäntel,
Gleißendes und Glühendes hatte er um sich
versammelt. Daß seine Träume von dem einen
zum andern gingen und alle Pracht und alle
Leidenschaften des Orients erlebten, unendlich
fern der grauen, wäßrigen Krämerstadt: eine
Welt, die ihm allein gehörte, ihm, Rembrandt.
Aus dieser Welt wuchsen seine Bilder. Er sah
einen Goldhelm an: so ward daraus ein Kleinod
der Malgeschichte. Er nahm ein purpurnes Ge-
wand vom geschmiedeten Riegel und: Saskia
thronte für ewige Zeiten, eine Göttin der
Liebe. Als aber dann dies alles zum Teufel
ging und er, der Spott von Amsterdam, ein
Bettler durch die Straßen schlich, da war er,
malend, noch immer der gleiche: Rembrandt,
der Held, der Dämon. Die Altersbildnisse des
Verlumpten geben die eigentliche Wahrheit:
daß Rembrandts zeugungsstarke Welt nicht um
ihn, sondern in ihm war.

Mit Makart stand es anders. Man denke
sich diesen Dekorateur des Fleisches in einer
Scheune oder in einer Matrosenspelunke, denke
ihn sich mit gerauftem Haar und gedunsener

Haut. Der Zärtling, das Genie der Portiere
brauchte das Halbdunkel des Museums, die
Schmeichelung des Teppichs und die anreizende
Freundschaft eines kopierten Tizians. Makart
brauchte ein Milieu; Rembrandt war seine eigne
Welt. Das sind so Unterschiede. Michelangelo
hätte in einer Wüste leben können ; vielleicht
lebte er nie wo anders. Als er die Sixtina
malte, lag er rücklings auf einem Leitergerüst.
Das war alles, was ihn umgab. Die Gehilfen
hatte er vor die Tür getrieben; er war mit sich
selber allein. Als solch ein Einsamer, fern von
aller früheren und fremden Schönheit, lebte
auch van Gogh in Arles. Er wußte kaum, ob
es außer ihm je einen Künstler gegeben hatte ;
er kannte keinen. In der kahlen Armut seiner
Bauernstube stapelte er, was seine fiebernde
Hand aus sterblicher Wirklichkeit zum ewigen
Sein entriß.

DieMenschen sind verschieden. Der Schwede
Larsson weiß über seine Kinder beinahe eben-
soviel zu erzählen wie von seinen Bildern; zu-
weilen möchte man meinen, daß er überhaupt
nur male, um das „Haus in der Sonne" zärt-
lich zu schmücken. An Ähnliches denkt man bei
Curt Herrmann. Er wohnt zwischen Möbeln

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