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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Breuer, Robert: Der Künstler und seine Welt: Curt Herrmann - Berlin als Maler und Sammler
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0149

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Der Künstler und seine Welt.

Wir sind ganz entzückt von jenen Malern,
die aus einer Palette reiner, durch nichts ge-
trübter Farben die graziösesten Lichtspiele,
Mosaiken von nervösem Reiz und artistisch
parfümierte Feuerwerke zu locken wissen. Wir
finden, daß diese heiteren Arrangements ge-
pflegter Sinnenlust in geistreicher Verwandt-
schaft stehen zu dem irisierenden Zauber antiker
Gläser, zu der paradoxen Monumentalität
chinesischer Porzellane und zu der gleißenden
Kälte von Gefäßen, die aus Silber geschlagen
wurden. Daher kommt es, daß wir durch Bilder
von Seurat, Signac, Croß, Luce, Rysselberghe
gewissermaßen in eine moussierende Wallung
versetzt werden; wir fühlen unsere Nerven um-
schmeichelt von einer weißen Farbigkeit und
unsere Gedanken durch das Gleichmaß eines
durchsichtigen Rhythmus zur Ruhe gebracht.
Optische Vibrationsmassage und Fata Morgana
eines aus Wollust disziplinierten Milieus. . . .

Indessen, wie das bei Künstlern oft der Fall
ist, so werden auch diesmal die um Seurat,
die Franzosen wie die Deutschen, nicht zufrieden
sein, wenn man das an ihnen liebt, was ihr
Wesentliches ist. Diese Maler meinen, daß der
eigentliche Wert ihrer Art, die sie Neo-Impres-
sionismus heißen, eine wissenschaftlich ge-
gründete Farbentheorie sei; nämlich die, daß
„jede Mischung auf der Palette den Weg zum
Schwarz bedeutet". Sie wissen, daß die che-
mische Mischung von Blau und Gelb Grün
erzeugt, die optische Mischung eines Blau, das
neben Gelb steht, Weiß ergibt. Solche Wissen-
schaft machen sie sich zum Gesetz. Etwas
Ähnliches gab es schon einmal; damals, als die
Perspektive in die Welt kam. Die italienischen
Malerbücher der Renaissance sind voll von
theoretischen Mitteln, durch die Perspektive
das reine Kunstwerk zu gewinnen. Wir lernten
längst, daß all solche Wissenschaft überwun-

1912/13. II. 3.

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