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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Stiller, Richard: Majolika-Figuren von Bernhard Hoetger
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0320

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Majolika-Figuren von Bernhard Hoetger.

gerter Gestalt und starker dekorativer Wir-
kung. Er ist in seinen Figuren stets auf die
unbedingte Geschlossenheit der Formen be-
dacht. In reichen, streng gegliederten Massen
legen sich Haarfrisuren und Gewandfalten um
Köpfe und Körper und schließen sie zu aus-
drucksvollen Silhouetten zusammen. Eine
leichte gelbliche Färbung der Gruppen auf
blauen, mehr oder weniger hervortretenden
Fußgestellen erhöht, unterstützt durch den
vielfältig reflektierenden Glanz der Glasuren,
den malerischen Eindruck. Diese Wirkung wird
noch verstärkt in einigen farbiger behandelten
Exemplaren, in denen die verschieden blau,
grün und schwarz abgestimmten Gewänder mit
dem gelben Haar und dem lichten Körperton
überaus schöne dekorative Wirkungen erzielen.
Noch um so weicher tritt die schmiegsame
Schönheit der weiblichen Körper, die sanfte
Herbheit der Jünglingsgestalten, um so strenger

die stilistisch gebändigte Leidenschaftlichkeit
der seltsam bewegten Männerfiguren hervor.
Über diesen äußeren Erscheinungen ruht aber
fühlbar der Hauch innerer Beseelung. Ein Aus-
druck von mannigfacher Stimmung erfüllt die
Gestalten von anmutiger Sinnigkeit und träu-
merischer Beschaulichkeit, von Gemessenheit,
von Heiterkeit und Versunkenheit und inne-
rem Aufruhr. Doch diese Werte, die uns die
Gestalten um so fesselnder machen, sind nie
zu eigenem Selbstzweck hervorgekehrt, son-
dern ganz im Wesen dieser Figuren begründet.

So erfüllen diese Majolikafiguren, die in dem
lieblichen Mädchenfigürchen und in der weib-
lichen Halbfigur von klassisch edler Gestalt
vielleicht den schönsten Ausdruck gefunden
haben, die wichtigen Forderungen einer künst-
lerischen Plastik, indem sie zugleich in hohem
Maße ihre dekorative Verwendbarkeit in Haus
und Wohnung erweisen. —

RICHARD STILLER.

PROFESSOR
Ii. HOETGER-
D ARMSTADT.
 
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