Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

DOI article:
Michel, Wilhelm: Stoffe und Stickereien von Herta Koch
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0372

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
KLEINE KUNST-NACHRICHTEN.

DEZEMBER 1912.

DIE KUNST DES ALTEN OSTASIENS. Die
Königliche Akademie hat mit ihrer Aus-
stellung von Werken der alten ostasiatischen Kunst
eine Etappe und einen Maßstab geleistet. Die
historische Durchforschung der Kunstdenkmale Chi-
nas, Japans und Koreas ist während der letjten zehn
Jahre zu der Notwendigkeit entscheidender Um-
wertungen gelangt. Der selbstverständlich genie-
ßende Ästhetizismus der Qoncourts wurde abgelöst
durch einen scheidenden Kritizismus, der die etwa
2000 jährige Entwicklungszeit, wie wir sie auf Grund
des Fundmaterials heute zu übersehen vermögen,
nach dem Schema der europäischen Kunstgeschichte
aufzuteilen versucht. Das hat den Japanern vieles
von ihrem Ruhm gekostet; das ließ China als
das eigentliche Urland der ostasiatischen Kunst
erkennen. Dabei ging es nun, wie zu begreifen,
nicht ganz ohne Ungerechtigkeit ab. Mit der Ein-
seitigkeit, die des Forschers Stärke sein kann,
wurde der Japonismus als eine provinziale Dia-
lektik des Chinesischen, als eine, oft dekadente
Reflexerscheinung gestraft. Besonders schlimm fiel
das Urteil über die einstige große Liebe der eu-
ropäischen Sammler, über die Farbenholzschnitte.
Auch der Katalog der Akademie-Ausstellung glaubt
das Vorhandensein von 200 dieser Moronobus,
Masanobus, Harunobus, Sharakus und Utamaros
als eine Konzession an das Zufallsinteresse der
Europäer entschuldigen zu müssen. Der Augen-
schein lehrt, daß Kümmel (der Direktor des künf-
tigen ostasiatischen Museums) mit solcher Vorsicht
ein wenig zu weit geht. Treffen wir doch unter
den frühesten Blättern Ausdruckskräfte, die alle
Absichten des Futurismus vorauszunehmen schei-
nen; zwingen uns doch die lyrischen Bildungen
des Harunobus und seiner Freunde den Geist des
Rokokos in einer besonders sublimen Art zu emp-
finden; wirken auf uns doch die Hieroglyphen der
Schauspielerköpfe des Sharakus mit fast freskaler
Dämonie. Es wird also nicht nötig sein, wenig-
stens was die Klassik des Holzschnittes betrifft,
eine absolute Revision unseres Empfindens vor-
zunehmen. Was freilich nicht hindert, daß wir die
uns neugewiesene Großheit der chinesischen Bronze-
gefäße, der Keramiken und vor allem der Rollbilder
des alten Chinas ehrfürchtig anerkennen. Diese
frühen bronzenen Räuchervasen, die von den Fach-
leuten bis in die Zeit vor Christus zurückdatiert
werden, überwältigen uns durch jene archaistische
Monumentalität, die uns, wo wir sie immer treffen,
ob in Mykene, ob bei den Peruanern, noch immer

voll Grauens erschien: weil wir nicht wissen, wo-
her diese Spannungen organisierter Kraft ihren
Ursprung leiten. Wir stehen ratlos vor der Par-
thenogenesis dieser chinesischen Sakralbronzen,
und treten mit dem gleichen Erstaunen vor die
keramischen Tonvasen, die gleichfalls bis in den
Anfang unserer Zeitrechnung zurückreichen sollen,
die aber auch, wenn sie wie einige andere, korea-
nische, dem 17. Jahrhundert zugewiesen werden,
allein durch die technische Leistung unsere volle
Bewunderung erzwingen. Es haben immer nur
die Asiaten verstanden, den keramischen Prozessen
ein Äußerstes abzugewinnen. Das kleinste Tee-
väschen, das uns diese Ausstellung zeigt, nichts
seiend als reine, von asketischem Braun geschmückte
Form, macht, daß wir darüber alles vergessen,
was das entsinnlichte Europa einst oder heute
sich lehren ließ.

Was könnte man noch alles sagen über die
Setzschirme jener Zeiten, da Europa den Barock
erlebte, oder über die frühen Lacke und die Tsubas
der Myochin-Familie und der Gotomeister; wir
müssen uns damit begnügen: alle Kunstfreunde
nach Berlin zu bitten. Kommet und sehet, sehet
die Musik, zu der Rollbilder, Seidenbrokate, Bron-
zen und Keramiken zusammenschwingen. Breuer.

BERLIN. Die Unterrichtsanstalt des Kgl. Kunst-
gewerbemuseums hat nach dreijähriger Pause
wieder den Versuch unternommen, in einer Aus-
stellung von Aufnahmen, Entwürfen, Modellen und
ausgeführten Arbeiten ihrer Sdiüler der Öffentlich-
keit ein Bild ihrer Leistungen vorzuführen. Nicht
so sehr um eine systematische Darstellung des
Bildungsganges, als vielmehr um Proben der auf
jeder Stufe erreichten Resultate war es ihr also zu
tun. Das Ziel der Tagesschule ist nach den aus-
gestellten Arbeiten die sichere Beherrschung des
Handwerkszeugs und der verschiedenen Techniken.
Hat der Schüler im Vorbereitungsunterricht sein
Handwerk gelernt, ohne daß ihm eine bestimmte
Manier aufgezwungen wäre, gilt es in den Fach-
klassen zu entwickeln, was an eigenen künstle-
rischen Kräften in ihm schlummert. Nicht nach
irgend einer Methode wird da unterrichtet, jeder
Schüler kann treiben was er will, nur darauf wird
gehalten, daß es anständig in der Technik und in
der Gesinnung sei. Überall drängt sich dem Be-
schauer die Betonung handwerklicher Geschicklich-
keit und das Eingehen auf die praktischen Bedürf-
nisse der Industrie auf, werden doch auch die Lehr-

357
 
Annotationen