Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

DOI Artikel:
Breuer, Robert: Die Seele des Holzes: Zu neuen Arbeiten der Paderborner Werstätten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0498

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE SEELE DES HOLZES.

ZU NEUEN ARBEITEN DER PADERBORNER WERKSTÄTTEN.

Möbel werden aus Holz gemacht. Man kann
darum für sie kaum ein größeres Lob fin-
den, als dieses: sie erlösen die Seele des ge-
wachsenen und nun scheinbar toten und zer-
schnittenen Stammes; sie erlösen durch die
Offenbarung der Konstruktion die Energien des
Wurzeins und des sturmfesten Emporstrebens,
die das Wesen des Baumes umschlossen. Sie
erlösen durch die Offenbarungen der flächigen
Furniere das Spiel der Sonnengluten, die in
den Wachstumsringen sich speicherten. Möbel,
die zu solch metaphysischer Betrachtung an-
regen, müssen wahrhaft aus dem Holz heraus
gedacht und empfunden sein; sie müssen eine
organisierte Weiterbildung und Veredelung ihres
Rohstoffes darstellen. Sie müssen damit also eine
jener drei Tugenden erfüllen, die seit Anfang
des modernen Kunstgewerbes als absolut ge-
fordert und geehrt werden. Eine Trinität, so
innig, daß die beiden anderen — die Solidität
des Technischen und die Zweckmäßigkeit des

Ganzen — notwendig geleistet werden, sowie
der Seele des Materials Gerechtigkeit geschieht.
Und die wird ihr wirklich durch die Art des
Max Heidrich und der Stadlerschen Werk-
stätten. — Das macht das Anschauen dieser
Möbel so angenehm : man spürt zwingend die
Hingabe des sachlich strebenden und mit ernster
Scheu seine Aufgabe lösenden Tischlers. Man
sieht, wie aus solcher untadeligen Werkge-
sinnung eine charaktervolle und männlich
tapfere Schönheit reift. Fest und Sicherheit
verheißend stehen diese Kästen; man glaubt
sie lebend und das umfangend, was ihnen über-
geben wurde. Helläugig in fröhlicher Feierlich-
keit strahlen die großen , flammig leuchtenden
Wandungen, von dem Rahmenwerk klug und
stark gehalten. Das ist besonders interessant
zu sehen: dieses Ineinandergreifen der Teile,
dieses Fürsichbestimmtsein von Pfosten, Sockel
und Gesims, von Tragendem und Lastendem,
von Rahmen und Füllung. Und dann die Sorg-

483
 
Annotationen