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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 31.1912-1913

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Breuer, Robert: Die Seele des Holzes: Zu neuen Arbeiten der Paderborner Werstätten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7010#0513

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Die Seele des Holzes.

Gesetzen einer logischen Geschichtsdialektik
aus der Vergangenheit nehmen mußten. Sie
zeigen zugleich, daß sie für Menschen bestimmt
sind, die das Weltgetriebe des 20. Jahrhunderts
zu übersehen und zu tragen wissen. Sie sind
gewiß nicht die einzige Form eines modernen
Möbels; van de Velde hat die gleiche Aufgabe
unendlich anders gelöst. Er dachte dabei an
eine völlig andere Spielart unseres Geschlechtes,
als es die ist, für die Heidrich sich berufen weiß.
Auch die moderne Menschheit ist vielfältig, wie
noch immer jede frühere es war. So wäre es
falsch von irgend jemand, und sei es der Größte,
das alleinige, das spezifische moderne Möbel zu
verlangen. Es kann sich stets nur um Variationen
des Typus handeln. Und solch eine Variation
hat uns Heidrich geschaffen.

Heidrich hätte seine Absichten nicht so schön
erfüllen können, wenn ihm nicht die Paderborner
Werkstätten stets fördernd, aufnahmefähig,
opferwillig und aus sich selbst heraus den Sinn
der Zeit begreifend zur Seite gestanden hätten.
Heidrich fand inBernardStadler einenGeistes-
verwandten. Sie wollen beide, der neuen Zeit
gehorsam, eine rhythmisch belebte Qualitäts-
arbeit leisten. Die Werkstätten haben als
Handwerk angefangen und sind zum Großbe-

trieb geworden. Das ist die Entwicklung, die
durchgemacht werden muß, wenn man nicht
unproduktiver Romantik verfallen möchte. Der
Haß, den Morris gegen die Maschine hegte, ist
überflüssig geworden, nachdem man erkannte,
daß das mechanische Werkzeug berufen ist,
die Form der Zeit mitfinden zu helfen. Die
Maschine ist gut, wenn nur der Wille, der sie
leitet, gut und richtig ist. Das Eigentliche, was
Morris meinte, kann auch durch die Fabrik
hervorgebracht werden. Wenn man nur der
Maschine nicht zumutet, was ihr nicht gebührt,
und wenn man sie nicht einfältig als Ver-
billigungsmittel mißbraucht. Darum darf auch
ein Betrieb, der selbstverständlich und not-
wendig mit Maschinen arbeitet, sich getrost
weiterhin als Werkstätte bezeichnen. Es soll
damit gesagt sein, daß die Gesinnung des alten,
ehrlichen, unverwüstlichen Handwerks die mo-
derne Betriebsform regiert, und überdies: daß
alles Zurichten, Anlegen und Fertigmachen von
geschulten, achtsamen und werkstolzen Händen
geschieht. Es kann auch im Schrei der Dampf-
sägen die Seele des Holzes ihr Leben behalten und
entfalten, wenn nur eine verantwortungsvolle
Menschlichkeit und eine schöpferische Phantasie
den Mechanismus überwinden, robert breuer.



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werkstätten b. stadler—paderborn. en tw: m. heidrich. »herrenzimmer« verkaufsstelle august polich.

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