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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Fechter, Paul: Zu Neuen Arbeiten Max Pechsteins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0014

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Zu neuen Arbeiten Max Pechsteins.

MAX PECHSTEIN—WILMERSDORF. »FISCHER IM BOOT« PRIVATBES. BERLIN.

Reichtum. Die Farbe differenziert sich, ihr
Leben wird vielfältiger, gliedert sich zu immer
feineren Nüancen; im Verhältnis zu Menschen und
Dingen zeigt sich das gleiche; die Energie des
Ergreifens wird vertiefter, zuweilen nervöser
und zarter. Auf der anderen Seite aber steigert
sich der Wille zum Gesetz: die Form wird
straffer, das Leben gebundener; auf der Fläche
wächst neben der farbigen Organisation eine
heimliche Geometrie: das intensive persönliche
Erlebnis der Welt wird nicht nur ins allgemein-
gültige Gefühl vertieft, sondern in seiner Form
auch dem allgemein Geistigen genähert. Ein paar
Porträts, und auch Landschaften aus den letzten
Jahren zeigen deutlich diese Entwicklung an.

In diese Zeit der Auflockerung fällt auch die
erste größere Monumentalaufgabe, die Pech-
stein zu lösen hatte. In einer Villa in Zehlen-
dorf malte er einen Speisesaal aus — und es
ist, als hätte er hier die Ergebnisse seines bis-
herigen Schaffens, schon mit bewußter Be-
schränkung der Mittel, noch einmal zusammen-
gefaßt. In einer sehr schönen warmen und
zugleich diskreten Farbigkeit, mit ganz wenigen

Tönen, hat er seine Hesperidenwelt dort ge-
schaffen, zugleich suchend und beherrscht, Aus-
druck und dekorative Aufgabe verschmelzend.
Man bedauert angesichts dessen, was sich hier
vom ersten Bild bis zum Abschluß des Ganzen
vollzogen hat, daß Pechstein nicht des öfteren
Möglichkeiten dieser Art geboten wurden. Nicht
nur, weil seine Sehnsucht begreiflich genug in
dieser Richtung geht, sondern weil man vor
dieser Arbeit das Empfinden hat, das sein
Suchen nach dem Gleichgewicht zwischen Ge-
fühl und Geist, Ausdruck und Gesetz hier am
sichersten und fruchtbarsten zu dem Ziel ge-
langen würde, dem er jetzt schrittweise von
Bild zu Bild suchend und versuchend nachgeht.

Im letzten Jahre hat Pechstein sich auch ver-
schiedentlich als Plastiker versucht. Ein paar
Porträtbüsten, ein paar Tanzende, sind das Er-
gebnis, als schönstes Stück der Kopf eines
Leichtathleten, in dem viel mehr lebt als das
Kennwort sagt. Etwas von der nervösen
Energie alles menschlichen Arbeitens ist darin,
etwas von der Ermüdung nach dem immer
erneuten Kampf mit einer immer erneuten, nie

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