Vom plastischen Schmücken.
nach Monumentalschöpfungen, den bekannten
Zinnsoldaten für den vaterländischen Anschau-
ungsunterricht, ihre völlige Entzweiung mit
allen Aufgaben, die auch nur entfernt geeignet
wären, dem täglichen Leben zu gute zu kommen.
Vom Reiterstandbilde, das nach Byzanz und
ins Italien der Condottieren paßte, bis zur
kleinen Bronze und zur Majolika sehen wir
alles, was die Rundplastik an zumeist recht ab-
gegriffenen Erbauungen zu bieten hat. Begegnen
wir aber ausnahmsweise einmal einer plasti-
schen Ausgestaltung der Fläche, so muß es,
wenn nicht die Bronzetafel eines Kriegerdenk-
mals, zum wenigsten das Relief eines Grab-
monumentes sein. Am Leben mit seinen Türen,
Schränken, Truhen, seinem mannigfaltigen der
Arbeit des Treibers und Gießers harrenden
Metallgerät, an unseren Lampen, Kandelabern,
Möbelbeschlägen und Rahmen, nicht minder an
unseren Schatullen, Uhrgehäusen und so man-
chen unscheinbaren Dingen voller geheimer
Möglichkeiten lebt unser Bildhauer vorbei, seine
Kräfte phantastischen Monumentalaufgaben auf-
sparend, nichts lernend sein Leben lang, als aus
dem Aktmodell eine nicht gerade ganz natu-
ralistisch - nichtswürdige Rundfigur herauszu-
quälen. — Ist es unter diesen Umständen ein
Wunder, wenn wir nichts als ein paar eilig
zusammengerafften Farbeneffektchen, einigen
Schnörkeln oder gar dem Armutszeugnisse der
Quadrate, Sechs- und Achtecke begegnen, wo
wir eine mannigfaltige Fülle sei es nun rund
bewegter oder streng zurückhaltend rhythmi-
sierter Formen zu finden hofften ?
Darin zeigen sich die verheerenden Wirkun-
gen der Furcht vor dem Rückfall, dem Rück-
fall in „neutönerische" Dekorierwut oder in
die Nachahmung des Alten. Wir aber denken:
Material und Werkzeug mögen so alt sein wie
die Welt, man hat in jeder Zeit und in jedem
Augenblick die neue Kunst, die Kunst, die man
selbst will und die die Zeit braucht. Es bedarf
dazu nur der innigen, von verjährten Stilvorein-
genommenheiten freien Versenkung in zweier-
lei: In die noch nie ausgeschöpfte Natur und
in die ebenso unerschöpfliche Welt der inneren
Gesichte. Der Fleiß zum einen und die Geniali-
tät zum anderen scheinen unseren Künstlern
in gleicher Weise zu fehlen, sonst ließen sich
schon Mittel finden, unsere raschlebige und un-
frohe Zeit zur Dienerin ihrer neuen Gedanken
zu machen............ hermann esswein.
94
nach Monumentalschöpfungen, den bekannten
Zinnsoldaten für den vaterländischen Anschau-
ungsunterricht, ihre völlige Entzweiung mit
allen Aufgaben, die auch nur entfernt geeignet
wären, dem täglichen Leben zu gute zu kommen.
Vom Reiterstandbilde, das nach Byzanz und
ins Italien der Condottieren paßte, bis zur
kleinen Bronze und zur Majolika sehen wir
alles, was die Rundplastik an zumeist recht ab-
gegriffenen Erbauungen zu bieten hat. Begegnen
wir aber ausnahmsweise einmal einer plasti-
schen Ausgestaltung der Fläche, so muß es,
wenn nicht die Bronzetafel eines Kriegerdenk-
mals, zum wenigsten das Relief eines Grab-
monumentes sein. Am Leben mit seinen Türen,
Schränken, Truhen, seinem mannigfaltigen der
Arbeit des Treibers und Gießers harrenden
Metallgerät, an unseren Lampen, Kandelabern,
Möbelbeschlägen und Rahmen, nicht minder an
unseren Schatullen, Uhrgehäusen und so man-
chen unscheinbaren Dingen voller geheimer
Möglichkeiten lebt unser Bildhauer vorbei, seine
Kräfte phantastischen Monumentalaufgaben auf-
sparend, nichts lernend sein Leben lang, als aus
dem Aktmodell eine nicht gerade ganz natu-
ralistisch - nichtswürdige Rundfigur herauszu-
quälen. — Ist es unter diesen Umständen ein
Wunder, wenn wir nichts als ein paar eilig
zusammengerafften Farbeneffektchen, einigen
Schnörkeln oder gar dem Armutszeugnisse der
Quadrate, Sechs- und Achtecke begegnen, wo
wir eine mannigfaltige Fülle sei es nun rund
bewegter oder streng zurückhaltend rhythmi-
sierter Formen zu finden hofften ?
Darin zeigen sich die verheerenden Wirkun-
gen der Furcht vor dem Rückfall, dem Rück-
fall in „neutönerische" Dekorierwut oder in
die Nachahmung des Alten. Wir aber denken:
Material und Werkzeug mögen so alt sein wie
die Welt, man hat in jeder Zeit und in jedem
Augenblick die neue Kunst, die Kunst, die man
selbst will und die die Zeit braucht. Es bedarf
dazu nur der innigen, von verjährten Stilvorein-
genommenheiten freien Versenkung in zweier-
lei: In die noch nie ausgeschöpfte Natur und
in die ebenso unerschöpfliche Welt der inneren
Gesichte. Der Fleiß zum einen und die Geniali-
tät zum anderen scheinen unseren Künstlern
in gleicher Weise zu fehlen, sonst ließen sich
schon Mittel finden, unsere raschlebige und un-
frohe Zeit zur Dienerin ihrer neuen Gedanken
zu machen............ hermann esswein.
94