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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Br., R.: Maler des Grünen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0104

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Maler des Grünen.

ATALER DES GRÜ-
NEN. Es war ein
guter Zufall, daß es
kürzlich inBerlin vier
Maler zu sehen gab,
die das Grüne gestal-
tet haben : den Fran-
zosen Pissarro, unse-
ren Meister Thoma,
den bekannten Kall-
morgen und den un-
rastigen Ury. Kall-
morgen und Ury ha-
ben in den achtziger
Jahren des vergan-
genen Jahrhunderts
zu malen angefangen.
Damals war Cour-
bet der große Leh-
rer der europäischen
Malerei. Durch einen
Mittler, der mehr
gewandt als genial,
durch den Ungarn
Munkaczi, wirkte er
auf eine ganze Schar
deutscher Jünglinge,
so auf Liebermann
und Ury. Ein schwar-
zes Grün war das

Charakteristikum
dieser Malerei, ein
Grauschwarz, indem
das Gegenständliche
schwamm und unter-
tauchte, dazu eine
weiche, von Melan-
cholie ein wenig
müde gewordene
Pinselführung. Man
sieht die Spuren die-
ser Einflüsse ganz
deutlich an den er-
sten Leinwanden der
damals aufwachsen-
den deutschen Maler.
Man sieht sie an den
Jugendbildern Kall-
morgens und Urys:
eine seltsame, fast
frühreife Vollkom-
menheit des Bild-
mäßigen, eine Inten-
sität des Luftgefühls,
die auf den größten
aller vorangegange-
nen Maler, auf Rem-

viktor v. belanvi—münchen.

gemälde »die mutter«

HEINRICH HLA.VIN—PRAG. GEMÄLDE »DIE TOILETTE«

brandt, hinweisen
möchte. In der Tat
trieb es die dama-
ligen jungen Deut-
schen auch nach Hol-
land, in die Heimat
des gewaltigen Mei-
sters. Dort standen
Ury und Liebermann
nebeneinander. Sie
wetteiferten, viel-
leicht halfen sie sich
gar gegenseitig, dann
aber trennten sie sich.
Liebermann stieg mit
der bewußten Sicher-
heit des Berufenen,
das Erbe Courbets
zu Großtaten des
deutschen Impressio-
nismus steigernd;
Ury verirrte sich in
das Romantische. Er
wurde bunt. Er sieht
das Grüne heute süß-
lich violett und pa-
thetisch orange. Wie
wenig seine Werke
bedeuten, zeigt sich
am besten, wenn
man sie mit den Bil-
dern Thomas ver-
gleicht. Noch heute
ist Thoma ein Prophet
des Grünen; Kall-
morgen wirkt gegen
ihn fast bunt. Dabei
bleibtThoma nie ein-
tönig; die grüne Welt,
wie er sie uns zeigt,
atmet und offenbart
uns all das Steigen
der Säfte, das Damp-
fen der Erde und
das ewige Spiel der
Lichter und Schat-
ten. Dies alles nun,
nur um so viel we-
niger elegisch und
um so viel mehr sinn-
lich, als die Fran-
zosen es nun einmal
sind, ist Pissaro,
Thomas großer Ge-
nosse in der Erobe-
rung der Welt des
Grünen. — r. br.

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