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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Breuer, Robert: Haus Dr. Wiegand in Dahlem
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0136

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Haus Dr. Wiegand in Dahlem.

PROFESSOR PETER BEHRENS—NEUBABELSBERG.

BIBLIOTHEK IM HAUSE DR. WIEGAND.

das Haus Wiegand fast kalt und verschlossen.
Es weckt durch nichts die romantische Illusion
eines halbdörflichen Daseins; man weiß so-
fort, daß die Großstadt nicht fern ist und daß
die Bewohner dieses schweigsamen Hauses
wohl jenseits der großen Stadt leben, aber doch
zu ihr gehören. Der straff umbaute Vorhof ist
ein Symbol des ganzen Hauses. Er ist zugleich
das sichtbar gewordene Grundmaß der archi-
tektonischen Anlage. Dieser Vorhof ist der
Kopfpunkt der Hauptachse; sie durchläuft die
Halle und das Empfangszimmer und tritt dann
über die vorgelagerte Terrasse in den Garten
ein. Sie gibt diesem Garten das Rückgrat und
endet in einer platzartigen mit einem Brunnen
geschmückten Anlage. Zu dieser Hauptachse
sind alle übrigen Raumeinheiten, die des Hauses,
die des Gartens, mit einleuchtender Klarheit
disponiert. Die stabile Ordnung bringt eine er-
lesene Lebendigkeit in die kulturell komplizierte,
künstlerisch äußerst vereinfachte Anlage. Es

ist sehr schön, wie in der Hauptfassade, dort
wo der Vorhof sich einschiebt, ein kräftiger
Rücksprung der langen Front eine Gliederung
bringt. Es ist sehr schön, wie auf der Garten-
seite die beiden Flügel sich über den achsia-
len durch Pfeiler betonten Mitteltrakt her-
vorschieben, um so mit ihm gemeinsam das
Plateau einer Terrasse zu umfassen. Diese
rhythmisierte Bewegung der Hauptfronten läßt
eine kräftige Schattenwirkung sich entwickeln
und steigert so die plastische Gewalt der Mas-
sen. Es war nicht notwendig, zu der sich lo-
gisch ergebenden Fassade irgend etwas hinzu
zu tun; die Öffnungen der Fenster und Türen
wirken als ein musikalisches Element, die stei-
nerne Massivität fast graziös beflügelnd. Das
kraftvoll ausgebildete Gesims betont mit
fleischlicher Gewalt das Abstrakt-Horizontale
des Baues. Die Dachziegel sind reiner roter Ton,
ohne glänzenden Anguß ; das matte, saugende
Rot schwingt kraftvoll zu dem lichten Konzert

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