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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Loosli, Carl Alber.: Ein Protest schweizerischer Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0419

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Ein Protest schiveizerischer Künstler.

nicht moralisch, so doch wirtschaftlich schädigt.
Aber wir verlangen, daß Sie uns und unserm
Schaffen das Maß von Achtung und Wohlge-
zogenheit angedeihen lassen, das unter anstän-
digen und gebildeten Menschen als Voraus-
setzung gemeinschaftlichen Lebens gelten muß.

Wir drängen uns Ihnen nicht auf, wir begehren
nur frei zu gestalten, nicht wie Sie, sondern wie
unsere Eingebung und unsere künstlerische Ein-
sicht es uns gebieten. Wir verlangen von Ihnen
nicht Verständnis, nicht einmal mehr Förderung,
sondern lediglich wohlwollende Neutralität.

Ob, was wir schaffen, vor der Zeit bestehen
wird oder nicht, das können Sie nicht beurteilen,
ebensowenig wie wir Künstler uns darüber
ein Urteil zu bilden vermögen, ob eine nicht
allzu ferne Nachwelt die Politik unserer Tage,
die in Ihren Händen liegt, billigen und bewun-
dern wird. Und doch wären unsere allfälligen
Zweifel darüber wahrhaftig leichter zu recht-
fertigen , wie die Ihrigen über unser Kunst-
schaffen. Wir schaffen auf unsere eigene Ver-
antwortung, auf unsere eigene Rechnung und

Gefahr. Und setzen unsern guten Namen, unsere
Zukunft, unser Leben dran. Ist Ihnen, hoch-
geachtete Herren, das noch nicht genug? Wohnt
Ihnen wirklich der Ehrgeiz inne, das Wort des
großen Gottfried Keller, die Schweiz sei ein
Holzboden für ideale Bestrebungen, zu einer
Ewigkeitswahrheit zu gestalten ? Und ist Ihnen
nicht bewußt, Ihnen, meine Herren Volksver-
treter und oberste Hüter der schweizerischen
wirtschaftlichen Interessen, daß Sie durch Ihre
Stellung zu unserer Kunst die blühende Aus-
fuhr schweizerischer Kunsterzeugnisse nach
dem Ausland, allerdings ohne großen Erfolg,
schädigen ?

Noch einmal, meine Herren, wir hoffen
weder auf Ihr Verständnis noch ihre Förderung,
wir verzichten gerne auf den eidgenössischen
Kunstkredit, namentlich auch im Interesse der
Achtung der gebildeten Welt vor Ihren illustren
Versammlungen, wir bitten Sie lediglich um die
Achtung, die Sie ehrlichem Schaffen schuldig
sind, auch da, wo es Ihnen fremd ist, wir bitten
Sie um Neutralität."..... gez.: c. a. loosli.

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