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F. Dörling <Hamburg> [Hrsg.]
Auktion / Buch- und Kunstantiquariat F. Dörling (Nr. 61): Hamburgensien: Hamburg und Umgebung, Bilder und Bücher aus Hamburger Sammlungen ; Versteigerung am 1., 2., 3. Dezember 1938 — Hamburg, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.13000#0003
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„Soll je die Kunst ins Leben wieder treten, so müssen die Künstler ihren
Stolz erst lassen und zu Handwerkern sich erniedrigen".

(Erwin Speckter, Briefe aus Italien I, 159.)

Die Hamburgensie ist Bild gewordene Historie und als Wiedergabever-
fahren ein reizvoller Ersatz einer uns nicht mehr zugänglichen Zeit, In den
meisten Fällen sind es keine Kunstwerke, sondern Dokumente vergangener
Epochen, die ihre Verbreitung und Beliebtheit anderen Momenten verdanken,
als die Schöpfungen monumentaler Kunst. Die Künstler der Hamburgensie

versuchen nicht, aus einem nützlichen Vervielfältigungsverfahren — der
Lithographie z. B. — ein künstlerisch wertvolles Mittel des Ausdrucks zu
machen, sondern sie bedienen sich desselben nur, um einen möglichst un-
komplizierten Weg vom Geschauten zur Darstellung zu finden. Ihrer sach-
lichen Treue fehlt das künstlerische Pathos und der geniale Schwung, dafür
haben sie das liebenswerte Primitive alten Handwerksgutes.

In ihrer elementaren Darstellungsform ist sie Anstoß und Grundlage
einer hamburgischen Landschaftskunst geworden, aber die Entwicklung dieser
Kunst, die sich ebenfalls in heimischen Grenzen bewegt, vollzieht sich auf
anderen Wegen, und ihre Vervollkommnung ist nicht gleichbedeutend mit
einer Vervollkommnung der eigentlichen Hamburgensie. Hier muß man sich
vor schiefen Urteilen hüten, besonders, wenn man unter dem Eindruck ur-
teilt, den Bilder generell verschiedener Darstellungsformen auf uns machen.
Worauf es ankommt, ist eine klare Erkenntnis der Grenzen und ein sicheres
Gefühl für die Aufgaben beider Bereiche. So natürlich es für den Künstler
oder Kunsthistoriker ist, seinen Standpunkt, an den er durch allgemeine Ge-
setze der Kunstgeschichte gebunden ist, der Hamburgensie gegenüber zu be-
haupten, so wenig wird man anderen Betrachtern die Eigenart ihres Inter-
esses an diesem Gegenstand verargen dürfen. Die erste Beziehung des
Menschen zu einem Bildwerk ist rein durch das Gefühl bestimmt. Der Weg
zum Sehen und Erkennen der Form stellt bereits erhöhte Anforderungen und
führt in diesem Falle weg vom ursprünglichen Sinn der Hamburgensie, wenn
eine gefühlsmäßige Beziehung nicht vorhanden ist. Und gerade hierauf kommt
es an.

Ich betonte schon vorhin das vorzugsweise Handwerkliche in der Ham-
burgensie. Hierbei wird sehr oft ein bildhafter Eindruck erzielt, der die Ham-
burgensie weit über die handwerksmäßige Gewöhnlichkeit hinaushebt. Eine
Verflachung tritt erst mit der Überwertung des Rein-Technischen ein; sie
führt durch das Fehlen persönlich gestaltender Arbeit zur Typisierung und
Langweiligkeit.

Der Stoff, den die Hamburgensie bietet, ist sehr reich und mannigfaltig.
Er führt über Jahrhunderte hinweg, vom nüchternen Stadt-Prospekt des 16.
und 17. Jahrhunderts über die fein stilisierten Rokokobildchen eines Posen-
 
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