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Dörpfeld, Wilhelm [Hrsg.]
Troja und Ilion: Ergebnisse der Ausgrabungen in den vorhistorischen und historischen Schichten von Ilion 1870 - 1894 (Band 1) — Athen, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.1114#0047
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26

II. Abschnitt ;

Die Bauwerke der verschiedenen Schichten. (W. Dörpfeld)

II. ABSCHNITT.
DIE BAUWERKE DER VERSCHIEDENEN SCHICHTEN.

i. Die Zahl der Schichten und ihr Alter.

Es giebt meines Wissens keinen Ort der Welt, an dem so viele, deut-
lich zu unterscheidende Schichten von Bauwerken und Schuttmassen überein-
ander liegend erhalten sind, als auf dem Hügel von Hissarlik. Wohl kenne
ich manche Plätze, an denen zwei, drei oder auch noch mehr Ruinenschichten
übereinander lagern und zusammen eine mehrere Meter hohe Schuttmasse bil-
den, aber dass die Reste alter Gebäude und ihre Erdschichten eine Höhe
von I5m erreichen, und dass sich in diesen Trümmern neun oder sogar noch
mehr zeitlich getrennte Schichten deutlich unterscheiden lassen, kommt bisher
nur in Hissarlik vor. Ganz abgesehen von der Beantwortung der Frage, ob
der Hügel von Hissarlik einst wirklich das homerische Troja getragen hat,
verdient eine so merkwürdige Ruinenstätte offenbar in hohem Grade die sorg-
fältige Beachtung der Archäologen und Prähistoriker. Hier können sichere
Beobachtungen über das relative und zum Teil auch das absolute Alter vieler
Bauwerke und zahlloser Gegenstände angestellt werden. Hier sind Ruinen aus
einer sehr weit zurückliegenden Zeit erhalten, aus der wir in Europa noch
keine Bauwerke kennen. Und dabei kann jeder Besucher des Ausgrabungsfel-
des noch jetzt die Mauern und Fussböden der verschiedenen Schichten durch-
forschen und ohne Mühe zahlreiche Topfscherben und andere Gegenstände sam-
meln, die einer bestimmten Schicht und damit einem bestimmten Jahrtausend
angehören. Man befindet sich bei der Durchwanderung des Ruinenfeldes gleich-
sam in einem grossen Museum. Aus den verschiedenen Schichten der Schutt-
wände kann man, wie aus den Teilen eines Museumsschrankes, Thonscherben
entnehmen und dann aus der Höhenlage feststellen, welchem Jahrtausend oder
sogar welchem Jahrhundert sie angehören. So lassen sich in Hissarlik leicht ver-
gleichende Studien über die Cultur und Kunst mehrerer Jahrtausende anstellen.

Sind denn aber, so wird man fragen, die Schichten wirklich so deutlich
geschieden, dass sie leicht zu erkennen und Irrtümer nicht möglich sind ?

Wer zum ersten Mal den Hügel von Hissarlik besucht, wird sich aller-
dings zunächst nur schwer in den Ruinen zurecht finden; er wird bei der
grossen Menge der gleichartigen Baureste anfangs sogar die verschiedenen
Schichten kaum unterscheiden und die zusammengehörigen Bauwerke dersel-


 
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