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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (1,1): Kunst und Künstler Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1877

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Dohme, Robert: Einhart: geboren um 770, † 840
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https://doi.org/10.11588/diglit.33504#0033
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DAS AACHENER MÜNSTER.

15

Man hat vermuthet, diese hätten das Hauptgehms getragen; das aber war nicht
der Fall. Die Kapitelle waren vielmehr nur ein ungeschickter ornamentaler Ab-
schluss des Pseilers.
Die originelle Portalbildung mit der von zwei runden Treppenthürmchen
hankirten Vorhalle und ihrer grossen Bogennische ih das Vorbild für eine Reihe
ähnlicher Anlagen geworden, in denen nur die Eingangsnische fortfällt. Noch
die gewaltige Fagade des Domes zu Paderborn (1068) beruht auf dem hier
nach ravennatischem Vorgänge gegebenen Motive. Ueber dem Portal öffnete
hch eine Art Loggia, welche durch dieselbe zweigeschoshge Säulenheilung ge-
gliedert war wie die Arkaden des Innern. Ob auch hierfür die heut verschwun-
dene ältelte Vorhalle von S. Vitale den Anstoss gegeben, isl zweiselhaft, sicher
findet hch eine verwandte Anordnung an den Rehen des Palahes Theoderichs.
Wie noch heut in Rom der Paph an fehlichen Tagen von den ganz analogen
Loggien der Peterskirche und des Laterans dem versammelten Volke den Segen
ertlieilt, so hat auch hier wohl der Kaiser hch bei behänderen Gelegenheiten
öffentlich gezeigt. Im Obergeschoss haben wir den Glockenhuhl zu denken,
nicht aber auf den kleineren Rundthürmen, wie bisweilen angenommen wird.
Zieht man schliesslich die Summe des Charakterihischen an diesem Bauwerk,
um dadurch ihm und so zugleich seinem Baumeiher ihre Stellung in der Ge-
sammtentwickelung anzuweisen, so muss man gehehen, dass der Ilauptwerth
namentlich nach dem Untergange der Mosaiken fah ausschliesslich in der Art
des Aufbaues liegt; und hellt man diesen mit älteren Rundbauten zusammen, so
findet man, dass das Behreben den Druck der grossen Kuppel auf gewisse Einzel-
theile des Werkes hinzulenken und den Reh der Mauern möglichh zu entladen,
wie es uns im Gegensatz zu der Wölbung des Pantheon an der Minerva medica
zu Rom und San Vitale zu Ravenna entgegentritt und wie es in geradezu glänzen-
der Weise S. Lorenzo maggiore in Mailand zeigt hier keine Fortsehritte macht,
indem an diesem Bau wieder die ganze Umfassungsmauer mit ihren Gewölben die
tragende Function ausübt, welche die acht Kuppelpfeiler mit ihren Streben selb-
händig nicht zu leihen vermöchten (Mertens). Wohl aber ih die Wölbungsweise
im Einzelnen ein Zeugniss von der hohen Bildung des Architekten. Zu beachten
ih endlich, dass die Kirche conhructiv ein völliger Pfeilerbau war. Die rein
decorativen Säulen, welche die oberen Arkadenösfnungen füllen, hammen von
einem antiken Bau.
Mit Bewunderung sahen die Zeitgenossen auf das Werk, und trotz seiner
aussergewöhniiehen Form und der für architektonische Unternehmungen wenig
geeigneten Zeit, die bald folgte, ih der Einhuss desselben auf die gleichzeitige Bau-
kunh deutlich zu verfolgen. Nicht dass hch von der halb antiken Ornamentik und
Conhruction der Stil weiter entwickelt hätte; die Einwirkung bleibt vielmehr
rein äusserlich. Die ungewöhnliche Gesammtgehaltung wurde einfach mehr oder
minder getreu copirt. Zunächh scheint die Anlage vorbildlich für die kaiserlichen
Pfalzkapellen geworden zu sein. Im Nymwegen enthand im Atischluss an den
dortigen Pälah noch unter Karl eine Reproduktion; unter Ludwig eine solche
zu Diedenhofen, und selbh die zweigeschoshgen fah immer quadraten Schloss-
kapellen an romanischen Burgen noch lassen sreilich sehr verdunkelt das Nach-
 
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