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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,1): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Dohme, Robert: Karl Friedrich Schinkel: geb. in Neu-Ruppin d. 13. März 1871, gest. in Berlin d. 9. October 1841
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https://doi.org/10.11588/diglit.36323#0028
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KARL FRIEDRICH SCHINKEL.

lung der meihen mittelalterlichen Bauten zu befeitigen. Die kräftige Formgebung
fucht er knapper zu gehalten, die Selbhändigkeit der Detailbildung abzufchleifen,
den Bau conhructiv einfacher, formal correcter zu gehalten; das energifche Beto-
nen der conhructiven Glieder fällt bei ihm fort. Einen gutenTheil des Wefens aller
gothifchen Detailbildung lieht er in jenem kleinlichen Leihen- und Fialenwerk,
welches der Spottnamen der "Theatergothik«, den man für die romantifchen Vellei-
täten der zwanziger Jahre unferes Jahrhunderts aufgebracht hat, fo recht im Auge
hat. Entbanden ih diefe Richtung zumeih aus dem Studium der fpäteren Theile
des Kölner Domes, die man damals für die Höhe des Stiles hielt. Mit Hülfe diefes
die Flächen überfpannenden Leihenwerkes fuchte Schinkel das Raumideal der
Gothik mehr dem der Antike und Renaiffance mit ihren breiten Wandflächen
näher zu führen. Wie ernh es ihm namentlich in den Jugendjahren mit diefer
"Wiedergeburt der Gothik« war, das geht fchlagend aus feinem Begleitfchreiben
zu dem Entwurf eines Maufoleums für die Königin Luife hervor (1810), wo er
von der für unter religiöfes Empfinden "kalten und bedeutungslofen« Antike im
Gegenfatz zur Gothik redet, in welcher er das "Ideelle ausgeprägt und veran-
fchaulicht, Idee und Wirklichkeit in einander verfchmolzen« lieht.
In den fpäteren Jahren Schinkels aber gelangt die klaflifche Richtung in feiner
moralifchen wie künhlerifchen Richtung immer mehr zur Herrfchaft. Das xnAoy
x* der Griechen wird ihm Lebensideal: "Der Menfch bilde lieh in Allem
fchön, damit jede von ihm ausgehende Handlung durch und durch in Motiven
und Ausführung fchön werde. Dann fällt für ihn der Begriff von Pflicht in dem
gröberen Sinne ganz fort, und er handelt überall in feligem Genufs, der die noth-
wendige Folge des Hervorbringens des Schönen ih«. Ein ander Mal fagt er: "ln
der Schönheit des Handelns liegen verborgen: Anhand, Zweckmäfsigkcit, Mora-
lität und der eigene und höhere Zauber der Schönheit felbh. Um (aber) die
Phantalic littlich fchön zu bilden, follte jeder neben den klaflifchen Dichtern die
klaflifche bildende Kunh betrachten, denn uns Neueren kleben viele Vorhellungs-
arten aus dem Mittelalter und anderer nicht fein httlich ausgebildeter Epochen
an ... . Darum ih das klaflifche Studium der Kunh eigentlich für die höhere
httliche Ausbildung des Menfchen unerläfslich, deshalb ein Sichbefchränken auf
Mittelalter und orientalifche Kunh, auf Modernität in der Kunh fo höchh ver-
derblich, und man lieht den daraus hervorgehenden Productionen überall das
Rohe, Barbarifche, das dem Feinhttlichen widerhrebende an«. Wahrlich goldene
Worte, welche mit Ausdehnung des von der Antike getagten auf die Zeit der
Renaiffance, namentlich des Quattrocento, jedem modernen Künhler ins Herz
gefchrieben fein follten. Der unferer modernen Kunh fo oft anhaftende Zug
des Rohen, rein Aeufserlichen, "dem Feinhttlichen widerhrebenden«, wie Schinkel
es ausdrückt, beruht in dem den heutigen Künhlern fehlenden geihigen Kontakt
mit jenen beiden grofsen Perioden. Ohne gründliche Geihesbildung lind höch-
hens routinirte Handwerker aber keine wirklichen Künhler möglich.
In feinem mit grofser Sorgfalt zulammengebrachten, vier Bände harkem
Werke "Aus Schinkel's Nachlafs« beziffert A. von Wolzogen die Summe der
von Schinkel im Verlauf feiner Thätigkeit als praktifcher Architekt ausgeführten
Bauten auf drei und achtzig (II 346 u. III 40p), die man in ihrer chronologifchen
 
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