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BERTEL THORWALDSEN.
zeit feines Schaffens, entbanden. Die Reliefs "Achill und Priamos« und "Nacht«
und "Morgen« (1815), die Statuen der Hebe und der Venus (1816), des Hirten-
knaben (181/) und des Merkur (1818) find aufser dem Alexanderzug die Werke,
die Thorwaldfen auf der Höhe feiner Meiflerfchaft zeigen und feinem Namen
Weltruf erwarben.
In diefelbe Zeit fällt die Rebauration der "AeginetenK, eine Arbeit, die damals
als ein befonders glänzender Beweis feines antiken Stilgefühls gepriefen wurde.
Die Bildwerke vom Athenatempel auf Aegina waren bald nach ihrer Auf-
findung (1811) vom Kronprinzen Ludwig von Baiern erworben worden, der he
181 $ nach Rom bringen liefs und Thorwaldfen mit der Wiederherftellung und
Ergänzung derfelben beauftragte. Eine Zeit lang hatte Thorwaldfen gezögert,
den Auftrag zu übernehmen, er erkannte die grofsen Schwierigkeiten der Auf-
gabe und empfand eine gewiffe Scheu, an diefe ehrwürdigen Ueberrebe der alten
Kunb die Hand anzulegen. Als er bch aber dazu entfchloffen hatte, gab er fleh
der Arbeit mit gröfstem Eifer hin; fie ward in dem kurzen Zeitraum eines Jahres
vollendet und fand, wie namentlich Friedrich Schlegel bezeugt^), Anerkennung, ja
Bewunderung im höchben Maafse. Gegenwärtig lautet das Urtheil nicht mehr
fo günbig; man hat gegen den Charakter der Ergänzungen mit Recht Bedenken er-
hoben und bndet fie mit dem Stil der Aegineten nicht durchaus in völligem Ein-
klang. Wie fehr den Künbler der eigenthümliche Reiz der brengen, noch ge-
bundenen Formen diefer archaifchen Werke befchäftigte, beweib befonders die
Statue der Hoffnung, jene anmuthige Imitation des archaifchen Stils, in welcher
jerfelbe nur um weniges freier entwickelt erfcheint.
Im Frühjahr 181p fah fleh Thorwaldfen nach Erledigung der dringendben
Aufträge endlich in der Lage, die längb geplante Reife nach Kopenhagen, zu
der ihn der Kronprinz inzwifchen von Neuem aufgefordert hatte, unternehmen
zu können. Auch andere Umbände trugen jetzt dazu bei, ihn zur Ausführung
des Planes zu bebimmen.
Von einigen englifchen Familien, mit denen Thorwaldfen in diefer Zeit in
nahem Verkehr band, war öfters der Wunfch geäufsert worden, dafs er fleh ver-
heirathen möchte; eine Schottin aus angefehenem Haufe, Mifs Mackenzie Seaforth,
die damals nach Rom gekommen war, fchien man in diefen Kreifen zu feiner Gattin
auserfehen zu haben. Bei einem Aufenthalt in Albano, wo Thorwaldfen im
Sommer 1818 nach einer heftigen Erkrankung Stärkung fuchte, hatte er die kunb-
finnige und feingebildete Dame näher kennen gelernt; ihrer Theilnahme und auf-
merkfamen Ftirforge hatte er feine rafche Genefung zu danken gehabt und
während einer Reife nach Neapel, die er mit Mifs Mackenzie und ihrer Tante
gemeinfchaftlich, in heiterber Stimmung unternahm, hatte er ihr ein fo lebhaftes
Intereffe gewidmet, dafs es fchien, als follte der Wunfch jener Freunde in Er-
füllung gehn. Mifs Mackenzie war nicht mehr jung und nicht fchön, und ihre
etwas förmliche, englifch gemeffene Art wollte zu dem zwanglofen Wefen des
Künblers nicht recht paffen. Während des bewegten Lebens der Reife mochte
Thorwaldfen die Verfchiedheiten ihrer Charaktere wenig empfunden haben. Als
er iedoch nach Rom in die gewohnten Umgebungen zurückgekehrt war, machte
he hch fühlbar; fein Intereffe der Mifs gegenüber ermäfsigte hch fehr bald
BERTEL THORWALDSEN.
zeit feines Schaffens, entbanden. Die Reliefs "Achill und Priamos« und "Nacht«
und "Morgen« (1815), die Statuen der Hebe und der Venus (1816), des Hirten-
knaben (181/) und des Merkur (1818) find aufser dem Alexanderzug die Werke,
die Thorwaldfen auf der Höhe feiner Meiflerfchaft zeigen und feinem Namen
Weltruf erwarben.
In diefelbe Zeit fällt die Rebauration der "AeginetenK, eine Arbeit, die damals
als ein befonders glänzender Beweis feines antiken Stilgefühls gepriefen wurde.
Die Bildwerke vom Athenatempel auf Aegina waren bald nach ihrer Auf-
findung (1811) vom Kronprinzen Ludwig von Baiern erworben worden, der he
181 $ nach Rom bringen liefs und Thorwaldfen mit der Wiederherftellung und
Ergänzung derfelben beauftragte. Eine Zeit lang hatte Thorwaldfen gezögert,
den Auftrag zu übernehmen, er erkannte die grofsen Schwierigkeiten der Auf-
gabe und empfand eine gewiffe Scheu, an diefe ehrwürdigen Ueberrebe der alten
Kunb die Hand anzulegen. Als er bch aber dazu entfchloffen hatte, gab er fleh
der Arbeit mit gröfstem Eifer hin; fie ward in dem kurzen Zeitraum eines Jahres
vollendet und fand, wie namentlich Friedrich Schlegel bezeugt^), Anerkennung, ja
Bewunderung im höchben Maafse. Gegenwärtig lautet das Urtheil nicht mehr
fo günbig; man hat gegen den Charakter der Ergänzungen mit Recht Bedenken er-
hoben und bndet fie mit dem Stil der Aegineten nicht durchaus in völligem Ein-
klang. Wie fehr den Künbler der eigenthümliche Reiz der brengen, noch ge-
bundenen Formen diefer archaifchen Werke befchäftigte, beweib befonders die
Statue der Hoffnung, jene anmuthige Imitation des archaifchen Stils, in welcher
jerfelbe nur um weniges freier entwickelt erfcheint.
Im Frühjahr 181p fah fleh Thorwaldfen nach Erledigung der dringendben
Aufträge endlich in der Lage, die längb geplante Reife nach Kopenhagen, zu
der ihn der Kronprinz inzwifchen von Neuem aufgefordert hatte, unternehmen
zu können. Auch andere Umbände trugen jetzt dazu bei, ihn zur Ausführung
des Planes zu bebimmen.
Von einigen englifchen Familien, mit denen Thorwaldfen in diefer Zeit in
nahem Verkehr band, war öfters der Wunfch geäufsert worden, dafs er fleh ver-
heirathen möchte; eine Schottin aus angefehenem Haufe, Mifs Mackenzie Seaforth,
die damals nach Rom gekommen war, fchien man in diefen Kreifen zu feiner Gattin
auserfehen zu haben. Bei einem Aufenthalt in Albano, wo Thorwaldfen im
Sommer 1818 nach einer heftigen Erkrankung Stärkung fuchte, hatte er die kunb-
finnige und feingebildete Dame näher kennen gelernt; ihrer Theilnahme und auf-
merkfamen Ftirforge hatte er feine rafche Genefung zu danken gehabt und
während einer Reife nach Neapel, die er mit Mifs Mackenzie und ihrer Tante
gemeinfchaftlich, in heiterber Stimmung unternahm, hatte er ihr ein fo lebhaftes
Intereffe gewidmet, dafs es fchien, als follte der Wunfch jener Freunde in Er-
füllung gehn. Mifs Mackenzie war nicht mehr jung und nicht fchön, und ihre
etwas förmliche, englifch gemeffene Art wollte zu dem zwanglofen Wefen des
Künblers nicht recht paffen. Während des bewegten Lebens der Reife mochte
Thorwaldfen die Verfchiedheiten ihrer Charaktere wenig empfunden haben. Als
er iedoch nach Rom in die gewohnten Umgebungen zurückgekehrt war, machte
he hch fühlbar; fein Intereffe der Mifs gegenüber ermäfsigte hch fehr bald