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Dresdner, Albert
Schwedische und norwegische Kunst seit der Renaissance — Jedermanns Bücherei: Breslau: Ferdinand Hirt, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.67059#0040
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6. Norwegische Kunst vom 16. bis zum 18. Jahrhundert

hauses gebildet, ja sich in manchen Gegenden Norwegens selbst bis
ins 19. Jahrhundert im Gebrauche erhalten und nur wenige Ver-
änderungen erfahren hat. Allenfalls nutzte man den für den
Rauchabzug nicht erforderlichen Teil des Dachstuhls zu einem
niedrigen Obergeschosse aus, das indes einen eigenen Zugang
erhielt und so nicht eigentlich in den Organismus des Hauses
einbezogen wurde; in manchen Landesteilen wurde auch die offene
Feuerstelle durch einen ummantelten Herd ersetzt, der von der
Mitte der Stube an die Wand verlegt wurde (,,Rauchofenstube“).
Erst die Einführung des gemauerten Schornsteins zur Rauchabfüh-
rung zog eine tiefgehende Umgestaltung des Bauernhauses nach sich.
Nun wurde der Herd zum Kamin (peis; schwedisch: spis); das
Rauchabzugsloch wurde überflüssig, kleine Fenster brachten das
Licht in den Raum, der Dachstuhl konnte jetzt zu einem vollen
Oberstocke ausgebaut werden — aus der „Stube“ wurde ein Haus.
Aber nur langsam, anscheinend erst seit dem 16. Jahrhundert,
setzte sich diese Umgestaltung nach und nach durch: das damals
reichere und kultiviertere Westland hatte dabei den Vortritt.
Die Bausitte des norwegischen Bauern war die, daß er für neue
Bedürfnisse neue Bauten errichtete und daneben die alten un-
angetastet stehen ließ. Auf diese Weise fand sich bei den Groß-
bauern mit der Zeit eine stattliche Gruppe von Baulichkeiten
zusammen. Neben der alten Rauchstube entstand ein geräumigeres
und bequemeres Wohnhaus, dazu wohl auch ein Altensitz; Vor-
ratshäuser („bur“ und „loft“), zum Teil in eigentümlichen Formen,
Ställe, Scheunen gesellten sich dazu. Indem all diese Baulich-
keiten geschlossen um den Hofplatz (tunet) gesammelt wurden,
bildeten sich auf den reichen Bauernhöfen oft Baugruppen von
stattlichen Abmessungen und höchst malerischer Erscheinung.
Beispiele von solchen bieten die beiden großen Freiluftmuseen
Norwegens: das Volksmuseum auf Bygdö (Kristiania) und die
Sandvigschen Sammlungen auf Maihaugen bei Lillehammer im
Gudbrandsdal; an letzterer Stelle findet sich wohl die schönste
Anlage dieser Art, der etwa ein Dutzend Baulichkeiten um-
fassende große Hof Björnstad. Dem Großbauernhofe nahe lag
zuweilen ein in jeder Hinsicht bescheidenerer, doch in dergleichen
 
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