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Twachtmann-Schlichter, Anke [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 14,1): Stadt Hildesheim: mit den Stadtteilen Achtum, Bavenstedt, Drispenstedt, Einum, Himmelsthür, Itzum, Marienburg, Marienrode, Neuhof, Ochtersum, Sorsum, Steuerwald und Uppen — Hameln, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.44417#0263
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Im massiven Mauerwerk führt ein 1 m breiter
und 1,70 m hoher Gang nach innen abknickend
in das erste Obergeschoss, das zu Verteidi-
gungszwecken mit schmalen hohen Schieß-
scharten ausgestattet ist. Auf die Nutzung als
Wohngeschosse deuten die in die Wände ein-
getieften Fensternischen im zweiten und vierten
Obergeschoss hin, sodass von einer Ge-
schosstrennung mittels Holzbalkendecken
schon in der Erbauungszeit ausgegangen wer-
den kann.
Palas und Bergfried werden durch den Ostflü-
gel und den an diesen rechtwinklig anschlie-
ßenden Südflügel verbunden. Der Südflügel,
das so genannte Brauhaus, kann in seinem
Kern bis in die Entstehungszeit der Burganlage
zurückgeführt werden. Somit bildete der Süd-
flügel mit seiner östlichen Giebelwand und der
südlichen Traufwand den äußeren Abschluss
der Kernanlage. Die Funktion zu Verteidigungs-
zwecken kennzeichnen noch die massiven
Bruchsteinmauern und eine Steinkonsole des
Wehrganges am östlichen Giebel des Brau-
hauses. Nach der Zerstörung der oberen
Geschosse im Dreißigjährigen Krieg erhielt der
Süd- und der ebenfalls zerstörte Ostflügel im
Zuge des Wiederaufbaues 1663 den heute
noch erhaltenen Fachwerkaufbau. Der massive
Ostgiebel blieb bestehen. Inschriftlich auf der
Setzschwelle festgehalten sind die Jahreszahl
1663 sowie die Namen des Domherrn Georg
ab Horde als Erbauer und des Zimmermeisters
Curt Meyer. Dass die Firsthöhe des Südflügels
beim Wiederaufbau im 17. Jh. geringfügig er-
höht wurde, ist noch am östlichen Giebel ables-
bar. Dieser Giebel ist bezogen auf seine Form,
die Materialwahl und auch die verwendeten
Fensterformen mit dem des Palas vergleichbar
und lässt damit auf eine gleiche Entste-
hungszeit beider Gebäude im 14. Jh. schließen.
Im Inneren des Erdgeschosses befinden sich
drei zum Teil tonnenüberwölbte Räume, von
denen der mittlere wahrscheinlich zum Bier-
brauen diente.
Etwa in der Mitte des 15. Jh. wurde an die öst-
liche Außenmauer der inneren Burganlage der
Querflügel zwischen Palas und Südflügel/
Brauhaus gesetzt. Nach dem Brand blieben die
Außenmauern des ersten Geschosses erhalten,
die Fachwerkaufstockung erfolgte, wie schon
erwähnt, mit dem des Südflügels im Jahre
1663. Eine im ersten Obergeschoss zum Innen-
hof sichtbare, mit spätgotischen Stabwerk
umrahmte Spitzbogentür lässt auf einen direk-
ten Zugang vom Hof über eine Freitreppe
schließen. Diese führte zu einem das ganze
Geschoss einnehmenden Raum bzw. Saal.
Etwas in der Höhe versetzt, belichten drei große
mit Stabwerkornamentik versehene Fenster
den Gebäudeteil. Anlässlich des Wiederauf-
baues im 17. Jh. wurde die hofseitige Mauer
des Ostflügels bis zum Palas verlängert.
Deutlich sichtbar ist noch die ehemalige
Gebäudeecke mit den charakteristisch bearbei-
teten Werksteinen erkennbar. Durch den
Einbau eines Treppenhauses in diesem Teil
erfolgte nun von hier aus sowohl der Zugang zu
den Geschossen des Palas wie auch des
Ostflügels.

Marienburg, Domänenstraße, neues Pächterwohnhaus, Treppenhaus


Marienburg, Domänenstraße, Stallungen


Jüngere Anbauten an der Nordseite des Süd-
flügels zum Innenhof sowie an den Außen-
mauern der Südseite verunklären die einst
strenge Grundriss-Quadratur der Anlage und
stören den geschlossenen wehrhaften Charak-
ter der ehemaligen Kernburg. Möglicherweise
sind hinter den Fachwerkanbauten des Süd-
flügels und ihren zum Teil abgeschleppten
Dächern wichtige bauhistorische Details wie
Schießschartenöffnungen, Zugänge und Baufu-
gen verborgen.
Am stärksten verändert hat sich im Laufe der
Jahrhunderte sicherlich der westliche Bereich
mit der ehemaligen Vorburg und dem Ökono-
miehof im Nordwesten. Zur Vorburg gehört die
in ihren Umfassungsmauern noch erhaltene
große Scheune aus Bruchsteinen, die schon
auf dem Stich Merians von 1651 bzw. 1653 zu
sehen ist. Deutlich erkennbar ist die Stein-
scheune hier ein Teil der Nordflanke. Die
anschließenden Umfassungsmauern schlossen
zum einen zum Palas und zum anderen zum
Torhaus den Komplex. Mit ihren Ausmaßen, vor

allem einer angenommenen Traufhöhe von
circa 9 m bildete sie ein Pendant sowohl zum
Palas wie zum Bergfried. Erst 1972 wurden die
obere Mauerkrone und das Dach entfernt und
die Scheune so in ihrer Höhe erheblich verän-
dert. Mit dem Umbau im Jahr 2003 erhielt sie
annähernd ihre ehemalige Höhe zurück und
wurde zudem einer neuen Nutzung im universi-
tärem Rahmen zugeführt.
Die Südflanke bilden das alte und das neue
Pächterwohnhaus. Ersteres ist in die Mitte des
18. Jh., letzteres zu Beginn des 20. Jh. zu da-
tieren. Wurden wesentliche Teile des alten
Pächterwohnhauses bereits im Laufe der Jahr-
hunderte verändert, so zeigt sich der steinerne
Südgiebel zur Parkseite noch gänzlich unbe-
rührt. Dagegen präsentiert sich das neue
Pächterwohnhaus im Stil gründerzeitlicher
Villen. Eine allegorische Darstellung der vier
Elemente besticht als bemerkenswerte bild-
schnitzerische Arbeit und kunsthandwerkliche
Leistung des Historismus in den Brüstungs-
feldern am Erker der neuen Pächtervilla. Über-

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