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Twachtmann-Schlichter, Anke [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 14,1): Stadt Hildesheim: mit den Stadtteilen Achtum, Bavenstedt, Drispenstedt, Einum, Himmelsthür, Itzum, Marienburg, Marienrode, Neuhof, Ochtersum, Sorsum, Steuerwald und Uppen — Hameln, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.44417#0262
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Marienburg, Domänenstraße, neues Pächterwohnaus, Gartenfront


stab und Dreipass versehen sind. Diese beto-
nen den repräsentativen Charakter des
Gebäudes, lassen eine unterschiedliche Ge-
wichtung der Stockwerke zu und geben Hin-
weise auf die Nutzung. Dies lässt sich insbe-
sondere am Ostgiebel nachweisen, der nicht
durch spätere An- oder Umbauten gestört wur-
de. Sind die unteren Geschosse lediglich durch
die gekuppelten Fenster gegliedert, so ist das
Saalgeschoss (dritte Geschoss) durch die auf-
wändig gestaltete Maßwerkornamentik beson-
ders hervorgehoben. Zwei Fenster in unter-
schiedlicher Höhe und Gestaltung rahmen das
mittlere Fenster mit Dreipass und darüberlie-
gendem Vierpassabschluss der ehemaligen
Kapelle. Im hohen Giebel deuten die steinernen
Konsolen und die hohen Ladeluken auf die Ver-
wendung des Dachgeschosses als Lagerraum
hin. Die Fenstergewände sind aus profilierten
Werksteinstücken gearbeitet.
Der Zugang zum ehemals frei stehenden Palas
lag vermutlich in der Südostecke. Heute betritt
man das Gebäude durch den südöstlichen


Marienburg, Domänenstraße, neues Pächterwohnhaus, Hoffront

Anbau. Aufgrund seiner Nutzung als Speicher
blieb der Palas von Umbauten verschont, ledig-
lich im Erdgeschoss wurden nach 1945
Kühlräume eingebaut. Daher präsentiert sich
das Gebäude noch heute weitgehend als
mittelalterlicher Bau. Im Inneren verfügt der
Palas über fünf Geschosse. Die drei oberen
Geschosse über dem Erd- und Zwischen-
geschoss dienten Wohn- und Repräsentations-
zwecken und wurden durch Kamine beheizt.
Breite Steinkonsolen dienen als Auflager für die
Deckenkonstruktion. Wie schon am Ostgiebel
ablesbar, ist der Saal des dritten Oberge-
schosses der repräsentativste. Ausgestattet mit
einem großen, noch heute sichtbaren Kamin, ist
er im Osten mit einer Kapellennische versehen,
die bei Bedarf mittels Flügeltüren verschlossen
werden konnte. Der steinerne Altar ist noch
rudimentär erhalten. In der westlichen Giebel-
wand ist mittig ein breites Fenster mit Sitzbank
angebracht. Von hier führt ein circa 0,80 m
breiter und 4,60 m langer Gang innerhalb der
Außenmauer zu der erhaltenen Abortanlage.
Mit einer Höhe von circa 5 m ist der Saal nicht
nur der höchste Raum des Palas, sondern auf-
grund der deutlich höheren Fensteranzahl auch
der hellste Raum des Gebäudes. Anhand der
Fensteranordnung in den Giebeln kann von
einem als Sparrendach mit stehendem Stuhl
ausgebildeten Dachwerk, unterteilt in drei
Böden, ausgegangen werden.
Aus der Erbauungszeit der Kernburg stammt
der im Grundriss fast quadratische Bergfried
aus Bruchsteinmauerwerk. Sorgfältig gearbei-
tete und geglättete Eckquader rhythmisieren
den Baukörper. Sie fassen ebenso die Fenster-
öffnungen des obersten Geschosses wie auch
die hohen schmalen Schießscharten der unte-
ren Geschosse ein. Seitlich des oberen Fens-
ters an der Westwand des Turmes geben das
Familienwappen Bischof Heinrichs III. mit den
zwei Braunschweiger Leoparden sowie das
Wappen des Hochstiftes Hildesheim einen
Hinweis auf den Erbauer. Der circa 30 m hohe
Turm wird von einem Zeltdach abgeschlossen.
Ein auf Steinkonsolen ruhender Holzsteg bildet
heute in 13,20 m Höhe den einzigen Zugang.

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