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Twachtmann-Schlichter, Anke [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 14,1): Stadt Hildesheim: mit den Stadtteilen Achtum, Bavenstedt, Drispenstedt, Einum, Himmelsthür, Itzum, Marienburg, Marienrode, Neuhof, Ochtersum, Sorsum, Steuerwald und Uppen — Hameln, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.44417#0073
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Hildesheim, Stadtansicht von Westen, von Bodemehr, Augsburg. (Stadtarchiv Hildesheim, Best. 951 Nr. 798-2)

TOPOGRAFISCHE DARSTELLUNG DES DENKMALBESTANDES

STADT HILDESHEIM

DER DOMBEZIRK
Unter dem Expansionsdrang der Franken und
nach der Eroberung der sächsischen Gebiete
gründete Karl der Große (768-814) die Bistümer
Münster, Bremen, Osnabrück, Paderborn, Min-
den und Verden zur Festigung seiner Macht. Es
folgten weitere Bistumsgründungen unter Karls
Sohn Ludwig dem Frommen (814-840) im
Sachsenland wie Halberstadt, Hamburg und
Hildesheim.
Die „Fundatio Ecclesiae Hildensemensis“, ge-
schrieben gegen Ende des 11. Jh., berichtet
über die Gründung des Bistums und der
Bischofsburg, die allgemein in die Zeit um 815
datiert wird. Ludwig der Fromme soll in diesem
Jahr an einem durch ein Wunder bezeichneten
Ort den Auftrag zum Bau einer Kapelle gege-
ben haben. Dieser lag nicht, wie die Grün-
dungslegende glauben machen will, in unbe-
siedeltem und unwirtlichem Gelände, sondern
war zu dieser Zeit schon ein verkehrsgünstiger
und altbesiedelter Ort.
Sicherlich spielte bei der Gründung des
Bistums die Anbindung an die sich hier kreu-
zenden alten Fernhandelswege eine Rolle. Zum
einen ist die schon verkehrspolitisch bedeut-
same Ost-West-Verbindung von Köln nach
Madgeburg zu nennen, zum anderen die nur
regional bedeutsame Nord-Süd-Verbindung
zwischen Bremen und dem Harz.
Geschützt von der Treibe im sumpfigen Osten
mit ihrer Niederung und der Innerste im Westen
entstand im 9. Jh. die Bischofsburg. Die topo-
graphische Lage des so natürlich gesicherten
und gut zu verteidigenden Hügels und der in
unmittelbarer Nähe gelegene Flussübergang
trugen wesentlich zu ihrer Entwicklung bei.

Bereits 1001 versah Bischof Bernward die
Domfreiheit mit einer von mächtigen Türmen
bewehrten Mauer, wie es Thangmar in der vita
Bernwardi schildert. Neue Forschungen schei-
nen allerdings Hinweise erbracht zu haben,
dass es eine vorbernwardinische Befestigung
gegeben hat. Der Verlauf der Bernwardsmauer
ist noch heute gut ablesbar und konnte anhand
archäologischer Ausgrabungen nachgewiesen
werden.
Begrenzt wird der Komplex der Domburg im
Westen von der Dammstraße und weiter-
führend vom Pfaffenstieg. Von ihm zweigt öst-
lich des Domes der Bohlweg ab und in seiner
Verlängerung der Hückedahl. Die sich anschlie-
ßende Treibestraße erinnert an den gleichnami-
gen Wasserlauf, der bis zu seiner Kanalisierung
in den 60er Jahren des 19. Jh. weitgehend
offen durch die Stadt floss.
Die wichtigste West-Ost-Verbindung zwischen
den Rheinlanden und Magdeburg führte über
den Domhof. Zugang gewährte das Paulustor
im Westen und das Petrustor im Osten, be-
nannt nach den jeweils dort existierenden
Kapellen. Das Petrustor hat sich an der Stelle
des heutigen Regierungsbaues (Bohlweg 1)
befunden, der im Jahre 1881 errichtet wurde.
Im Schutze der befestigten Domburg bildete
sich wahrscheinlich hier der erste Handelsplatz.
Besondere Bedeutung erhielt der Domhof im
Mittelalter durch die rechtliche Fixierung seiner
kirchlichen Immunität.
Die Bomben des Zweiten Weltkrieges zer-
störten weitgehend das Umfeld des Domes.
Nur wenige Gebäudeteile entgingen den Zer-
störungen. In der Regel überdauerten nur ihre
Fassaden und Kellergewölbe. Die historische

Struktur des Domhofes ist trotz zahlreicher
Veränderungen noch heute ablesbar. Im Zuge
des Wiederaufbaues wurde auf eine ausge-
sprochene Nachahmung des früheren Zu-
standes ebenso verzichtet wie auf die Anwen-
dung betont zeitgebundener Formen. Teilweise
entschloss man sich in der Nachkriegszeit zur
freien Wiederherstellung, wobei allein schon die
Aufgabe der Kleinteiligkeit der Parzellen ein
weniger abwechslungsreiches Bild entstehen
ließ. Der gesamte Dombereich, innerhalb der
Mauern der Domimmunität als Ensemble aus-
gewiesen, liegt heute wie eine grüne Insel in der
Stadt.

Kath. Dom Mariä Himmelfahrt
Die geschlossene Bebauung des Domhofes ist
bestimmt durch den Baukörper des Domes im
Zentrum, einschließlich seiner Anbauten. Domi-
niert wird das äußere Erscheinungsbild der
dreischiffigen Basilika aus Werk- und Bruch-
sandstein durch den blockhaften Riegel des
Westriegels, den achteckigen laternenbesetz-
ten Vierungsturm, die Kupferdächer und die
seitlichen Kapellenanbauten. Bereits Anfang
des 19. Jh. wurde der Westriegel abgebrochen
und in neuen Formen errichtet. Der im Krieg
wenig zerstörte, historistische Westriegel wurde
im Zuge des Wiederaufbaus abgetragen und in
romanisierenden Formen mit rechteckiger Vor-
halle wieder errichtet. Als Vorbild diente u. a.
der Westriegel des Mindener Domes, der als
Nachfolgebau des ursprünglichen Hildesheimer
Westriegels gilt.
Für die Vorgängerbauten des heutigen Domes
ergibt sich eine relativ komplizierte Bauge-
schichte. Nach der ältesten und ausführlichsten

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