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Kimpflinger, Wolfgang [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 1, Teil 1): Stadt Braunschweig — Braunschweig, 1993

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https://doi.org/10.11588/diglit.44168#0222
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Putzbau über kompliziertem, unregelmäßi-
gem Grundriß. Die sowohl zum Steintor- als
auch zum Löwenwall weisenden, im Stil des
Heimatschutzes gegliederten Schauseiten
sind entsprechend lebhaft aus vor- und zu-
rückspringenden Fassadenteilen gebildet.
Der mit Zierfachwerk geschmückte und über
einem Kniestock steil aufragende Dachbe-
reich war bereits von Anfang an als Wohnbe-
reich ausgebaut, erhielt aber 1974 ein zweites
Wohngeschoß, das über eine Reihe neuer
Schleppgauben belichtet wird. Gleichzeitig
wurde an der Nordostecke ein über die ge-
samte Gebäudehöhe reichender neuer Er-
schließungstrakt aufgeführt. Der Bau-
schmuck verbindet, dem Geschmack der
Zeit entsprechend, unterschiedliche Merk-
male miteinander. Hervorzuheben sind die
der alten Braunschweiger Fachwerkarchitek-
tur entlehnten Fächerrosetten im Zierfach-
werk der Dachzone, als auch das in ge-
schwungenen Jugendstilformen gearbeitete
eiserne Balkongeländer auf dem halbrunden
Wintergartenvorbau an der Südwestecke
des Hauses.
Während der südliche Teil des Steintorwalles
zusammen mit dem hier endenden Magni-
torwall und dem Beginn der Leonhardstraße
seinen städtebaulichen Charakter überwie-
gend von Architekturen des späten 19. und
frühen 20. Jh. erhält, weist der nördliche Teil
bis zur Einmündung in die Museumstraße
noch einige Bauten aus der Frühzeit der Pro-
menadenanlage auf. Unmittelbar an dem
ehemals als kreisförmige Fläche angelegten
Platz vor dem Steintor (dem Ende der heuti-
gen Museumstraße) wurde um 1840 die Villa
Steintorwall 1 errichtet, schräg in das Eck-
grundstück gestellt und mit ihrer Fassade
auf den Platz ausgerichtet. Dieser von C. Th.
Ottmer wohl in den späten dreißiger Jahren

des 19. Jh. in einer Mischung aus klassizisti-
scher Tradition und neugotischen Anklängen
entworfene Ursprungsbau wurde in der Fol-
gezeit durch prägende An- und Umbauten
stark verändert, so daß sein heutiges Er-
scheinungsbild mit Turmaufbau und unregel-
mäßigem Grundriß der eklektizistischen Stil-
mischung vom Ende des Jahrhunderts nä-
her steht als dem schlichten und regelmäßi-
gen Entwurf des Originales. Ein erster Um-
bau von 1867 scheint auf kleinere Eingriffe im
Innenbereich und am Dach beschränkt ge-
wesen zu sein, wohingegen die östliche Er-
weiterung von 1885, die nach Plänen von
Fricke erfolgte, die äußere Form der Villa
stark veränderte: Dem Altbau wurde im
Osten ein Quertrakt angeschlossen, der mit
Turm und Treppengiebeln ein wehrhaftes,
burgähnliches Aussehen erhielt. 1912 ist das
Dach zu Wohnzwecken ausgebaut worden.
Wahrscheinlich wurden bereits zu diesem
Zeitpunkt die gotisierenden Dachausbauten
am Altbau entfernt.
Auf demselben Grundstück ließ mit nur ge-
ringem Abstand zur alten Villa derselbe Bau-
herr, Wilhelm Dörge, der 1885 den Umbau
der alten Otmer-Villa veranlaßte, eine neue
Villa errichten, die, von W. Uffmann entworfen,
ab 1884 als reich ausgestatter Neurenaissan-
cebau entstand (Steintorwall 1A). Wertvolle
Materialien und reicher bauplastischer
Schmuck aus dem Formenrepertoire der An-
tike und der italienischen Renaissance ge-
ben dem zweigeschossigen Gebäude ein
auf Repräsentation und Würde zielendes Ge-
präge. Sockelzone und Erdgeschoß sind ein-
schließlich aller Schmuckelemente in Sand-
stein errichtet, während am Obergeschoß
der graugelbe Sandstein der Fenster- und
Türrahmungen mit rotem Ziegelmauerwerk
kontrastiert. Besonders aufwendig ist die als
umlaufender Fries gestaltete Drempelzone

unter dem Dachgebälk ausgebildet: an Balu-
stern aufgehängte Stuckfestons und große
Rosetten umziehen als Hochrelief das ganze
Gebäude unterhalb des weit vorkragenden
Kranzgesimses, auf dem über der Straßen-
fassade ein Dreieckgiebel als oberer Ab-
schluß eines flachen Mittelrisalites ruht.
Steintorwall 3 ist ein im Kern von 1866 stam-
mender Villenbau mit klassizistisch repräsen-
tativem Fassadenaufbau, der 1914 von K.
Munte und J. M. Kerle mit leichten Verände-
rungen erneuert wurde. Der zweigeschos-
sige Putzbau mit Mittelrisalit ist durch umlau-
fende Gurt- und Sohlbankgesimse deutlich
horizontal geschichtet und die Beletage
durch eine monumentale „Tempelfront“ her-
vorgehoben: Vier kannellierte Pilaster mit
Kompositkapitellen übergreifen das Haupt-
geschoß und ein in den Dachbereich rei-
chendes Mezzanin. Der abschließende Drei-
eckgiebel sowie die Brüstungsfelder des
Mezzaningeschosses sind mit floraler Putz-
ornamentik gefüllt. 1909 wurden Dachhäus-
chen in die seitlichen Dachflächen gesetzt
und 1949 an der Südost ecke ein eingeschos-
siger, ehemals als Kino genutzter Anbau er-
richtet, über den heute der Hauptbau er-
schlossen wird.
Ein zweigeschossiges Wohnhaus von 1860/
70 schließt im Süden an (Steintorwall 4), das
mit nur dezent eingesetztem bauplastischen
Schmuck, betonter Horizontalgliederung und
ausgewogen proportionierter Fassadentei-
lung an die klaren, nahezu schmucklosen
Entwürfe des Braunschweiger Klassizismus
des ersten Drittels des 19. Jh. anknüpft. Der
über längsrechteckigem Grundriß traufstän-
dig errichtete Putzbau gruppiert in der Fassa-
denmitte in beiden Geschossen und im
Zwerchhaus eine Dreieranordnung von Fen-
stern, überfangen von einem Dreieckgiebel
mit Rundöffnung, wodurch die Fassaden-

Steintorwall 17, Wohnhaus, 1882, Architekt Maurermeister Fuhrmann


Steintorwall 21, Wohnhaus, 1853


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