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Dudík, B.; Weselsky, J. [Editor]
Die Kleinodien des Deutschen Ritterordens: beschrieben und geschichtlich erläutert — Wien, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.21286#0114
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Dasselbe Wappen und dieselben Siglen trägt in farbigem Email auch der Löffel, welcher
genau in der Form des XVII. Jahr hundertes gearbeitet ist; der kurze, nur 6 Cent, lange Stiel
ist, wie die Henkel, blau und weiss emaillirt und unter einem stumpfen Winkel an die Muschel
mittelst einer Charniere befestigt. Nicht unzierlich ist der Knopf am Stiel und die Befestigung
an der Muschel in Blattform mit grünem, durchsichtigem Email.

Die Jahreszahl 1641 ist der Regierungsantritt des Hochmeisters. Nach Johann Caspar
von Stadion’s Tode ward Leopold Wilhelm am 21. November 1641 inthronisirt. Sollte diese
Schale zur Erinnerung an diese Begebenheit gemacht worden sein? Wir zweifeln daran; denn
hätte man dies beabsichtigt, so wäre die Jahreszahl eben so gut wie das Wappen und die Siglen
emaillirt und nicht mit Farben aufgetragen worden. Von wem und wo diese Goldschale und der
Löffel gearbeitet wurden, ist nicht auszumitteln. Das Gold weist kein Münzzeichen, keine Punze
nach; aber vielleicht lässt sich ausmitteln, aus welchem Golde diese sonst so einfache und
anspruchlose „Deckelschale“ angefertigt wurde.

In dem Verzeichnisse „desjenigen, so der ritterliche deutsche Orden bei der Erzherzog-
lichen Verlassenschaft zu fordern habe“, steht unter andern: „eine ganz goldene Suppenschüssel
sammt einem goldenen Löffel, des deutschen Ordens Kreuz darin geschmelzt, so von Freuden-
thal kommt.“ Die im k. k. Schlesien gelegene, schöne Herrschaft Freudenthal übergab Kaiser
Ferdinand II., als confiscirtes Gut nach Hanns von Würben, welcher sich an der böhmisch-
mährischen Rebellion 1619 und 1620 betheiligt hatte, mittelst Urkunde ddo. Wien 17. Juli 1621
dem deutschen Orden als Aequivalent für eine jährlich zu zahlende Rente von 10.000 fl. rhn.,
oder einer Abfindungs-Summe von 200.000 fl., welche der Hoch- und Deutschmeister Erzherzog
Maximilian dem Orden als Ersatz für die Auslagen seiner polnischen Gefangenschaft testamen-
tarisch vermacht hatte. Auf dieser Herrschaft begann der Orden Bergwerke anzulegen und nach
edlen Metallen zu muthen. Die Ausbeute, namentlich an Gold, war jedoch sehr gering, und um
das Jahr 1660 wird in dem Inventare der Schatzkammer zu Mergentheim von „drei Stücklein
Probegold aus Freudenthal“ gesprochen. In den nachfolgenden Inventaren ist von diesem Freuden-
thaler Golde keine Rede mehr. Wenn es also gewiss ist, dass in Freudenthal auch.Gold gewonnen
wurde, so liegt die Vermuthung ganz nahe, dass der Satz „so von Freudenthal kommt“ nicht auf
die Suppenschüssel, sondern auf das hiezu genommene Gold sich bezieht, denn in Freudenthal lebte
nie der Erzherzog Leopold Wilhelm; er commandirte, wie die Kriegsgeschichte nach weist, von 1639
bis 1642 die kaiserlichen Armeen gegen die Schweden als Generalissimus, focht am 23. October des
genannten Jahres 1642 die unglückliche Schlacht bei Leipzig, woraufer, doch nur auf kurze Zeit,
vom Obercommando abtrat, denn 1646 sehen wir ihn abermals an der Spitze der kaiserlichen
Heere wider Frankreich und wider Schweden, denen er grossen Abbruch that. Dieser sein Kriegs-
dienst, so wie seine anderweitige Stellung hinderte ihn, je nach Freudenthal zu kommen, hatte
daher auch keine Veranlassung, seine Suppentasse mit seinem Wappen und seiner Chiffer in Freuden-
thal zu belassen. Die Suppenschüssel hat demnach bei aller ihrer Einfachheit den grossenWerth, dass
sie aus deutschordischem Golde, und zwar aus dem Golde der bis zur Gegenwart dem Hochmeister
gehörigen Herrschaft Freudenthal auf Befehl des Erzherzogs Leopold Wilhelm angefertigt wurde.

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