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Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 1): Die Baukunst der Griechen — Darmstadt, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.1160#0212
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i9i

hingen, aus 6m tiefem Schlamme die verfunkenen Marmorrefte ans Licht zu ziehen. Diefe corrigiren die
von Texier u. A. angegebenen abenteuerlichen Mafse der Tempeltheile, wie z. B. 3,20m Säulendicke oder
9"1 Intercolurnnium! Nach Ephefos verlegt auch Vitruv die Erfindung der jonifchen Bauweife im 7. Jahr
hundert v. Chr.! (Vgl. die Abb. auf S. 173.)

16) Der Tempel der Artemis Leukophryne zu Magnefia wurde aus weifsem Marmor durch
den Architekten Hermogenes erbaut. Ein auf fünfftufigem Unterbau fich erhebender Pfeudodipteros, über-
traf er nach Strabo (Lib. XIV) alle Tempel Afiens durch Grö'fse, Reichthum und fchöne Verliältniffe, aus-
genommen den in Ephefos. Derfelbe wurde fertig geftellt und ift ungefähr gleichalterig mit dem Tempel
zu Priene — alfo etwa um 330 bis 300 v. Chr. entftanden. Die Quader der Cella waren wie am Parthenon
durch Eifenklammern verbunden , die Bafen der Säulen von attifcher Form , deren Torus mit Blättern ge-
fchmtickt; die Schäfte waren cannelirt, aus 3 bis 4 Stücken zufammengefetzt; Architrav und Fries waren
nach der Tiefe aus zwei Theilen hergeftellt. Die Sima fchmückten über und zwifchen jeder Säule natur-
grofse Löwenköpfe, zwifchen denen Anthemien-Ornament gemeifselt war. Die Säulenhalle war mit der
Cella durch Holz-Architrave verbunden. Im Giebelfelde war kein Figurenfchmuck angeordnet. Von In-
tereffe find beim Tempel gefundene, gebrannte Ziegelrefte, die mit einer zinnoberrothen Glafur überzogen,
ringsherum von einem Leiftchen mit laufendem Ornament von fchwarzer Farbe verziert find.

Der Tempel war von einer grofsen mit Boffenquadern ausgeführten Mauer umgeben, die fich an die
Wälle der Stadt anfchlofs. Viereckige Vertheidigungsthtirme waren in gewiffen Abftänden angeordnet; im
Inneren umgaben dorifche Säulenftellungen von grofser Einfachheit die Mauern, deren Flächen mit ein-
farbiger Malerei gefchmückt waren.

17) Der Bakchos-Tempel zu Teos, ein jonifcher Hexaftylos , euftylos, wahrfcheinlich nach
der Zerftörung durch Xerxes wieder aufgebaut von Hermogenes aus Alabanda in Karien, der, nach Vitruv,
übereinftimmend mit Tachefios und Pythios die dorifche Ordnung für ungenügend erklärt haben foll.

Die unbedeutenden Ueberrefte beftehen nur noch aus einem verworrenen Haufen niedergeftürzter Mar-
morftücke, von den Türken zu Grabfteinen und zum Kalkbrennen benutzt.

Bei der Bafis waren die Plinthe, der untere Torus, die Einziehung mit ihrem Plättchen aus einem Stücke
gearbeitet, während der obere Torus mit dem Plättchen und der Apophyge an den Säulenfchaft angearbeitet
war. Derfelbe verjüngte fich nur wenig; Kapitell, Aftragal und Apothefis nebft einem Theil des Schaftes
waren aus einem Stücke hergeftellt. Das Fragment eines Löwenkopfes und ein Stück von einer Verzierung
find die einzigen Reite, die fich von dem Kranzgefimfe vorgefunden.

18) Der Tempel der Athene Polias zu Priene war ein Peripteros von 6 : 11 Säulen und
wurde 340 v. Chr. von Pytheos erbaut. -Die aus zwei Marmorftücken zufammengefetzten Bafen flehen auf
Plinthen; die cannelirten Säulenfchäfte find aus mehreren Tambours zufammengefetzt; das Kapitell ift ohne
Halsgliederung und hat fchön entwickelte
Voluten, die durch-ein fanft eingefenk-
tes Polfter mit einander verbunden find;
die Volutenaugen find 6cm tief einge-
bohrt, waren demnach wie die der ephe-
fifchen Kapitelle zur Aufnahme metalli-
fchen Schmuckes beftimmt.

Der Architrav w-ar dreifach abge-
plattet und oben mit Kehle, Kymation

und Perlftab verziert; der um 73 nie-
drigere Fries blieb glatt; das Haupt-
gefimfe hatte Zahnfchnitte und mit Lö-
wenköpfen und Ranken-Ornamenten ver-
zierte Simen.

Die obere Hälfte des Torus an den
Bafen ift noch glatt gelaffen (alfo unfer-
tig) , während die untere cannelirt ift ;
eben fo ift an einer Ecke der Zahnfchnitt
unvollendet geblieben. (Vgl. die Abb.
auf S. 167 und 171.) Die Trümmer
diefes Tempels liegen wirr über einander
gehäuft mit denen der zugehörigen

19) Propyläen, welche aus etwas fpäterer Zeit, als der Tempel, flammen. Das Innere derfelben

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