Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schulz, Fritz Traugott [Hrsg.]; Germanisches Nationalmuseum <Nürnberg> [Hrsg.]; Heitz, Paul [Hrsg.]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 13): Die Schrotblätter des Germanischen Nationalmuseums zu Nürnberg — Straßburg, 1908

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.21233#0026
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
nicht links und rechts oben einige schräg gelagerte
Linien, die scheinbar die Wolken andeuten sollen.

In künstlerischer Beziehung darf man keinen hohen
Maßstab an das Blättchen anlegen. Dazu bewegt sich
die Darstellung auf viel zu beschränktem Räume. Zu
bewundern ist jedoch die Exaktheit, mit welcher der
Künstler in diesem kleinen Rahmen sein Thema zur
Durchführung brachte. Und was sich hier mit den
Mitteln der Zeit erreichen ließ, das hat er erreicht. Trotz
der bäuerlich derben Behandlung der Antlitze mangelt
doch dem Ganzen nicht die Anmut mütterlicher Glück-
seligkeit und ein bescheidener Grad himmlischer Hoheit.

Als Farben gelangten zur Anwendung gelb, bräun-
lich-rot und grün; gelb für die Haare, die Glorie und den
Halbmond; bräunlich-rot für das Untergewand Mariae;
grün für den Boden und das Futter des Mantels.

Auf der Auktion der Weigeliana am 27. Mai 1872
erzielte das Blatt einen Preis von 10 Tlr. (Inv.-Kat.
Nr. 1798).

1460—70.

W. u. Z. 354. — Schreiber 2503.

Das Blättchen gehört vielleicht mit den vier ähn-
lichen, von Hampe in den Mitteilungen aus dem Germani-
schen Nationalmuseum 1898, S. 110—111, veröffentlichten
zu einer Folge, die möglicherweise im Zusammenhang
mit den Blättern Bouchot 7 (Folge), 97, 111 und 144
betrachtet werden darf. Ich werde darauf bei der Be-
sprechung der genannten vier Blättchen noch näher
zurückkommen.

12. Die Madonna mit dem Kinde und
den zwölf Aposteln.

Das Zentrum der Darstellung, die in ihrer Gesamt-
wirkung von hoher plastischer Kraft ist, bildet vor
ovaler Strahlenglorie stehend die Madonna mit dem
Kinde. Sie ist nach rechts gewandt und steht mit
den Füßen über einer mit dem offenen Bogen, in dem
ein menschliches Antlitz, nach unten gekehrten großen
Mondsichel. Das Untergewand, das durch den empor-
gehobenen rechten Arm um die rechte Hüfte und außer-
dem rechts unten frei hervortritt, liegt straff an, ist mit
einem Gürtel zusammengehalten und in starre Vertikal-
falten gelegt. Dort, wo es auf dem Boden aufstößt, bil-
det es schräg abgebogene Knitter. Im Gegensatz dazu
ist der weite, schwerstoffige Mantel in fast virtuoser
Weise drapiert. Auf den Schultern und über der Brust,
wo ihn eine Schließe zusammenhält, liegt er enger an.
Dann aber tritt er, durch den emporgehobenen rechten
Arm gerafft und durch den unter dem Gewände ver-
borgenen linken Arm an die Hüfte gepreßt, energisch in
die Breite, um alsdann in großen Falten mit scharfen
Ecken schräg nach links auf den Boden herabzufluten,
woselbst er schleppenartig aufliegt. Das Antlitz der

Maria ist wenig ausdrucksvoll nach rechts gerichtet. Die
Züge sind herb. Auf dem Haupte trägt sie eine Krone,
unter welcher die Haare, über den Ohren nach rückwärts
gekämmt, in ausgesprochenen Wellenlinien über den
Rand der Schultern bis zur Mitte des Körpers herab-
gleiten. Die Krone besteht aus einem mit weißen An-
dreas-Kreuzen über schwarzem Grunde belebten Reif, der
oben mit dreiteiligen Zacken besetzt ist. Vier von diesen
sind mit zierlichen Kreuzen besetzt, deren Arme in sechs-
strahligen Sternchen endigen. Ein kreisrunder Heiligen-
schein, schwarz mit dünner Einfassung in Weiß, um-
schließt Haupt samt Krone. Auf dem linken Arm der
Mutter sitzt, mit einem Röckchen bekleidet, der Jesus-
knabe. Die Rechte weist nach der Rose, welche die
j Mutter mit der rechten Hand emporhält. Die Linke macht
den Gestus der Entgegennahme. Auch die Gebärden des
schräg aufwärts gerichteten Antlitzes drücken das Streben
nach Erlangung der Blume aus. Das Haupthaar ist aus
kleinen Löckchen zusammengesetzt. Der Kopf ruht über
einem schwarzen Nimbus mit weißer Einfassungslinie und
dreiteiligen Lilien in kreuzförmiger Anordnung. Um das
Mitteloval schließt sich konzentrisch ein breiter ovaler
Reif, dessen untere Mitte von der Mondsichel mit dem
menschlichen Antlitz eingenommen wird. Die obere Mitte
zeigt in einem aus ornamentalen Wolken umschlossenen
Medaillon über schwarzem Grunde das Haupt Christi.
In der Nähe der Ohren werden radial arrangierte Strahlen-
büschel bemerkt. Den übrigen Raum des Reifens nehmen
beiderseits je sechs in gleicher Weise umrahmte, schwarz
grundierte Medaillons ein mit den Brustbildern der zwölf
Apostel, die ihre Attribute zeigen. Ueber jedem der
Medaillons befindet sich in Spiegelschrift der Name des
Dargestellten. Als äußere und innere Einfassung des
Reifens dient je eine aus ornamentalen Wolken gebildete
Wellenlinie, von denen die äußere noch von einem be-
sonderen Rand, der innen den einzelnen Wolken ent-
sprechend ausgebogen ist, umfaßt wird. Die Eckzwickel,
welche zwischen dem äußeren Oval und der inneren
rechteckigen Umrahmung entstehen, sind von wolkenum-
randeten Medaillons ausgefüllt, an die sich seitlich und
oben zierliche Maßwerkornamente anschließen. Sie ent-
halten über schwarzem Grunde die Evangelistensymbole
mit den in Spiegelschrift auf Schriftbändern beigefügten
Namen der Evangelisten. Das Ganze wird von einer
schwarzen Borde umschlossen, die als fortlaufendes Or-
namentmotiv einen größeren, von vier weißen Punkten
an den Ecken begleiteten weißen Ring aufweist. An der
linken Längsseite ist dieselbe teilweise lädiert. Auf den
übrigen Seiten tritt das kräftige gelbliche Papier wenig
über die Borde hinaus. Als Wasserzeichen findet sich
ein Ochsenkopf mit großen Hörnern sowie einem Stab,
an dessen Ende ein Andreaskreuz. 18,1 cm h. Rund
12,9 cm breit.
 
Annotationen