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Schreiber, Wilhelm Ludwig [Bearb.]
Meisterwerke der Metallschneidekunst (Band 41,1): Die Schrotblätter in Danzig, Königsberg, Pelplin, Riga — Straßburg: J.H.Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.61628#0019
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KÖNIGSBERG.

Die vier auf den Tafeln 6—9 abgebildeten Schrot-
blätter sowie ein fünftes Blatt, von dem im Anschluß
an Tf. 9 die Rede sein wird, sind in ein Exemplar des
1480 von Bartholomaeus Ghotan und Lucas Brandis in
Magdeburg gedruckten Missale Magdeburgense (Incun.
1392 fol.) eingeklebt. Dasselbe befand sich ursprünglich
in dem dem Deutschorden gehörenden Schloß Tapiau
und wurde 1542, als der letzte Hochmeister, Albrecht
von Brandenburg, das Ordensland als weltliches Herzog-
tum für sich in Anspruch nahm, mit der sonstigen ziem-
lich umfangreichen Bücherei der von ihm in Königsberg
begründeten Schloßbibliothek einverleibt. Der auf Tafel 10
abgebildete Metallschnitt klebt auf der Innenseite des
Vorderdeckels der 1486 von Kesler in Basel gedruckten
Postilla Guillermi. Dieser Band befand sich ursprüng-
lich in der von Wallenrodtschen Geschlechtsbibliothek
(C 16), die 1673 der Kneiphöfer Domkirche in Königs-
berg vermacht wurde. Ueber die vorstehenden Form-
schnitte hat bereits Bergau in der «Altpreußischen Monats-
schrift», Bd. 5 (Jahrg. 1868), S. 699 ff. und Bd. 7 (Jahrg.
1870), S. 522 ausführlich berichtet Außerdem besitzt die
Kgl. Universitätsbibliothek aber noch einen großen außer-
ordentlich interessanten, niederländischen Holzschnitt
«Schachspieler und Tod», der in einem der nächsten
Bände dieser Sammlung abgebildet werden wird.
6. Hl. Christoph.
Wir lernen hier eine Bordüre kennen, die derjenigen
der Tafel 5 zwar sehr ähnlich ist, aber, wie ich schon
bemerkte, durch das in der untern linken Ecke befind-
liche Symbol, das den Kopf nach rechts richtet, leicht
unterschieden werden kann. Die unrichtige Stellung der
Hörner läßt vermuten, daß die uns jetzt beschäftigende

| Bordüre als Nachahmung der vorhergehenden zu be-
trachten ist, und auch die Bilder selbst erwecken den
Anschein, als wäre diese Werkstatt erst später in Tätig-
keit getreten als die früher behandelte.
Schon im Manuel hatte ich bei den Nrn. 2468 und
2591 auf die Eigenheit dieses Meisters hingewiesen,
seinen Wolken die Form von Bergen zu geben, und wir
haben nun bei unsern Tafeln 6, 9 und 10 die Gelegen
heit, diese sonderbare Wolkenform zu beobachten. Von
der Nr. 2468 ist bereits in Bd. 26 auf Tf. 21 eine Ab-
bildung erschienen, und ebenso können wir die charak-
teristischen Bergwolken auf dem Schlettstadter hl. Franzis-
kus beobachten, der in Bd. 17 auf Tf. 9 abgebildet ist.
Desgleichen ist die Nr. 2753, deren Faksimile im nächsten
Teile erscheint, eine ganz zweifellose Arbeit unseres
Meisters. Alle diese Blätter zeichnen sich durch eine
scharf markierte Gesichtsbildung aus, in der eine kräf-
tige, unschöne Nase stark hervortritt. Die Bordüre führt
uns aber noch einen Schritt weiter, denn sie umrahmt
auch die Tafeln 7 und 13, deren Gesichtszüge einen
völligen anderen Ausdruck zeigen. Man möchte diese
Blätter zunächst als Arbeiten einer fremden Hand be-
trachten, wenn nicht die Tf. 9 als Bindeglied dienen
würde. Wir sehen hier einerseits deutlich die Berg-
wolken, anderseits ein weit hübscheres Gesicht als wir
es sonst bei unserm Meister gewohnt sind. Ebenso hat
der auferstandene Christus unserer Tf. 7 ein uns fremdes
Gesicht, während wir bei den vier ihn umgebenden
Engeln wieder die kräftige, uns vertraute Nase bemerken.
Bei diesen beiden Blättern handelt es sich um Kopien
nach fremden Originalen und wir können auch bei an-
deren Bildern die Kopistentätigkeit unseres Meisters be-
weisen. Es scheint aber fast, als ob er außerdem bei
seinen späteren Arbeiten die Hilfe eines Malers in An-

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