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Schreiber, Wilhelm Ludwig [Bearb.]
Meisterwerke der Metallschneidekunst (Band 41,1): Die Schrotblätter in Danzig, Königsberg, Pelplin, Riga — Straßburg: J.H.Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.61628#0022
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d) Mariä Verkündigung. Es handelt sich
hier um eine Variante einer stark verbreiteten Darstellung.
Die Körperhaltung der Jungfrau und ihr Betpult stimmen
fast vollständig mit unserer Tf. 35 (2185) überein. Ebenso
wird man leicht die Verwandtschaft mit den Nrn. 2183
(Bouchot 55), 2184 (Schmidt-Soldan 78,1) und 2186 (Tf.
37 in Bd. 22 dieser Sammlung) feststellen können. 60 : 47.
[Sehr. 2184a]. Bemalung: Gelb, grün, braunrot.
e) Anbetung der hl. drei Könige. Auch
hier lehnte sich der Verfertiger an eine weit verbreitete
Darstellung an, wie sich aus einem Vergleich mit unserer
Tf. 37 (2211) und der Tf. 41 in Bd. 22 dieser Sammlung
ergibt. Man muß ihm zugeben, daß er seiner Aufgabe
in gar nicht ungeschickter Weise gerecht wurde. 61:47.
[Sehr. 2210 a], Bemalung: Grün, gelb, braunrot.
f) Augustus und die Sibylle. Von
diesem Blättchen befindet sich ein zweites Exemplar
in Riga, das auf Tf. 53 zur Abbildung gelangt. 60:44.
[Sehr. 2412m], Bemalung: Grün, gelb, braunrot.
Alle diese Blätter nebst dem Mittelbilde sind auf
die Vorderseite des Blattes 152 in das bei Tf. 6 näher
bezeichnete Meßbuch eingeklebt.
Der Kalvarienberg.
Auf der Rückseite des eben bezeichneten Blattes,
dem Beginn des Kanon gegenüber, klebt noch ein
großer Metallschnitt mit der Darstellung des Kalvarien-
berges, von dessen Abbildung aber abgesehen wurde,
da bereits ein anderes Exemplar auf Tf. 70 in Bd. 22
dieser Sammlung reproduziert wurde und das vor-
liegende auch stellenweise (namentlich bei der als Um-
randung dienenden Umschrift) durch allzu starke Be-
malung undeutlich geworden ist. Trotzdem ist das Königs-
berger Exemplar insofern äußerst interessant, als es
einen früheren Abzug als das Dresdner darstellt. Ich
hatte schon bei dem Mittelbilde der Tf. 9 davon
gesprochen, daß der Entwurf des vorliegenden Blattes
ungeschickt gemacht war und daß bei dem Aussägen
des Hintergrundes verschiedene Stücke abbrachen oder
fortfielen und daher auf eine Holzunterlage festgenagelt
werden mußten. Während sich nun aber die Nagelköpfe
bei dem Dresdner Druck in geradezu störender Weise
bemerkbar machen, ist dies bei dem Königsberger noch
nicht so schlimm. Ja, der starke Nagel, der sich in
Dresden rechts zwischen den fliegenden Bändern der
Sendeibinde des mittleren Reiters so kräftig bemerkbar
macht, fehlt überhaupt noch. Daraus ergibt sich, daß
die Nägel sich durch das Drucken allmählich lockerten,
so daß ihre Köpfe stärker hervortraten und daß sich, um
der Platte mehr Halt zu geben, das Einschlagen eines
neuen Nagels als notwendig erwies.

Das Bild selbst ist eine freie Bearbeitung nach dem
auf unsrer Tf. 14 abgebildeten Metallschnitt und macht
infolge seiner groben Technik einen wenig günstigen
Eindruck. Auch die Figuren sind plump und ungeschickt,
aber trotzdem muß man zugeben, daß der Zeichner seine
Vorlage in zwei Beziehungen verbessert hat. Einmal ist
das linke Vorderbein des Pferdes, auf dem der mittlere
Reiter rechts sitzt, trotz seiner Steifheit immer noch
natürlicher als das entsprechende Bein der Vorlage, und
zweitens ist das Kreuz Christi in nicht ungeschickter
Weise gemasert, während es in dem Vorbild nur punk-
tiert ist. Auch möchte man aus dem Umstande, daß
die Helme der beiden hinteren Reiter statt der unge-
wöhnlichen, wohl aus Burgund stammenden Form die
in Deutschland übliche Gestalt erhalten haben, darauf
schließen, daß unser Metallschneider auf deutschem Boden
gelebt hat.
Während aber sämtliche übrigen Blätter, die in das
betreffende Missale eingeklebt sind (vielleicht mit Aus-
nahme der kleinen Bildchen der Tf. 9), aus der Werk-
statt des Bergwolken-Meisters herrühren, zeigt das vor-
liegende auch nicht die geringste Verwandtschaft mit
ihnen. Das muß um so mehr Verwunderung erregen,
als gerade die Tf. 14 allem Anschein nach ein Er-
zeugnis der Bergwolken-Werkstatt ist. Vielleicht läßt
sich die Sache aber in folgender Weise erklären: Be-
kanntlich wurde in den frühesten gedruckten Meßbüchern
die dem ersten Kanonblatte gegenüberstehende Seite frei-
gelassen, damit der Käufer dort je nach seinen Mitteln
ein mehr oder minder teures gemaltes oder gedrucktes
Kreuzigungsbild einfügen konnte. Der vorliegende Metall-
schnitt wird also zunächst der einzigste gewesen sein,
der in das Exemplar hineingeklebt wurde (vielleicht schon
von dem Buchführer, der die Exemplare im Deutsch-
ordenslande vertrieb), während die übrigen erst später
hinzugefügt wurden.
Wir haben es hier also mit einer neuen Werkstatt
zu tun, aus der aber noch einige andere Tafeln des vor-
liegenden Bandes (16, 17, 20 usw.) hervorgegangen zu
sein scheinen. Die Arbeit erinnert in mancher Beziehung
an die Blätter des Meisters der «Madonna mit den
Aachener Heiligtümern», von denen zwei auf Tf. 25
und 26 in Bd. 36 dieser Sammlung abgebildet sind. Da
i ist zunächst der weichliche Ausdruck der Gesichter, und
über den Augenbrauen Christi auf unserm Bild sehen
wir genau zwei solche Faltenstriche wie bei der
Aachener Madonna. Dann zeigen die Buchstaben der
Unterschriften beider Blätter ungewöhnliche Ueberein-
stimmung. Ferner scheint zu dem Sattelzeug des blinden
Reiters links und dem Zaumzeug des vordersten Reiters
rechts dieselbe Punze (starker weißer Punkt umgeben
von einem inneren schwarzen und einem äußeren weißen

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