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Schreiber, Wilhelm Ludwig [Bearb.]
Meisterwerke der Metallschneidekunst (Band 41,1): Die Schrotblätter in Danzig, Königsberg, Pelplin, Riga — Straßburg: J.H.Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.61628#0026
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angefertigt wurde. Die Qesichtszüge, namentlich die
eigenartige Mundform, sind auf beiden Blättern völlig
gleich. Das karoartige Muster, das auf der vorgehen-
den Tafel den Mantelsaum Gottes verziert, finden wir
hier ebenfalls als Borte des Hüfttuches Christi, als
Bandeliere zweier Reiter und als Mantelbesatz der
Magdalena wieder. Das Hüfttuch des in Gottes
Armen ruhenden Sohnes ist in gleicher Art be-
handelt wie das Kopftuch der Maria, das Halstuch der
Magdalena und andere Gewänder. In der Werkstatt
des Bergwolkenmeisters, der wir also das vorliegende
Blatt zuschreiben müssen, scheinen hauptsächlich Kopien
angefertigt worden zu sein, aber nicht sklavische Nach-
ahmungen, sondern freie Bearbeitungen, und auch das
hier in Rede stehende Bild dürfte unter Benutzung
unserer Tf. 3 (oder einer ähnlichen, vielleicht verscholle-
nen Arbeit) entstanden sein. Dennoch muß gerade die
vorliegende Auffassung sich besonderer Beliebtheit erfreut
haben. Die Nr. 2334, die im nächsten Teil abgebildet
werden wird, ist eine bis in alle Einzelheiten getreue
Kopie des vorliegenden Blattes, während der Verfertiger
der auf S. 14 ausführlich besprochenen Variante mehr-
fache Abänderungen vornahm. Auch gibt es eine ganze
Anzahl anderer Metallschnitte, die den Gekreuzigten mit
geringen Aenderungen in der gleichen Weise darstellen,
wie es auf dem vorliegenden Blatte der Fall ist (z. B.
Tf. 10 in Bd. 7 und Tf. 16 in Bd. 3 dieser Sammlung).
Im Manuel konnte ich nur zwei Exemplare des vorlie-
genden Blattes nachweisen. Dazu gesellt sich nun das
Rigaer als drittes, und ferner besitzt das Diözesan-
museum in Breslau ein viertes, das sich in einem Exem-
plar der 1478 von Frisner und Sensenschmidt in Nürn-
berg gedruckten Glossa psalterii des Petrus Lombardus
(Cod. II 51 Fol.) eingeklebt befindet. 404:268.
Sehr. 2333. Bemalung: Hellgelb, grün, dunkelrot.
Dieses Blatt sowie alle folgenden kleben in dem
um 1470 in Straßburg gedruckten Bellovacensis, von dem
oben ausführlich die Rede war.
15. Hl. Christoph.
Dieses Blatt rührt von derselben Hand her wie
unsere Tf. 12. Das Gesicht Christophs entspricht völlig
dem des hl. Michael, der sandige Erdboden ist auf
beiden Blättern in genau gleicher Weise wiederge-
geben; ja dieselben beiden Bäumchen, die wir auf
unserm Blatt rechts oberhalb der Kirche bemerken,
finden sich auf der Tf. 12 unten rechts, oberhalb des
Drachenschwanzes. Es kommt ferner hinzu, daß ich
schon bei den Tafeln 2—4 die Ansicht aussprach, sie
wären nach Arbeiten des Meisters b kopiert. Auf unserem
Blatte ist das Wasser genau in derselben Weise be-
handelt wie auf einer bisher unbekannten Christoph- |

Darstellung jenes Meisters, von der ich schon kurz bei
der Tf. 1 gesprochen habe. Im übrigen zeigen diese
beiden Blätter allerdings nicht die geringste Ueberein-
stimmung. Sehr sonderbar mutet es uns an, daß wir
im Hintergrund statt freier Luft ein Teppichmuster sehen.
In dieser Beziehung steht aber unser Blatt keineswegs
vereinzelt da, sondern wir können auf den Nrn. 2594,
2596 und 2599 (vgl. die Tafeln 31 und 32 in Bd. 15
dieser Sammlung) denselben gemusterten Hintergrund
beobachten. Ich bemerkte schon bei Tf. 9, daß es den
Metallschneidern der ersten Periode große Schwierig-
keit bereitete, so viel Metall von der Platte abzuschaben,
daß der Hintergrund rein weiß erschien. Sie sägten ihn
daher entweder völlig heraus oder füllten ihn mit aller-
hand Mustern aus, wie dies bei den meisten Tafeln des
vorliegenden Bandes der Fall ist. Wenn wir daher unser
Blatt als eine der frühesten Arbeiten betrachten müssen,
die aus der Werkstatt des «Jesus in Bethanien» hervor-
ging, so scheint auch die recht hölzerne Ausführung der
Arme und Beine des hl. Christoph dafür zu sprechen,
denn auf den vermutlich späteren Blättern ist die Be-
handlung der nackten Körperteile keineswegs unge-
schickt. 185 : 135.
[Sehr. 2594a], Bemalung: Hellgelb, grün, dunkelrot.
Das Blatt ist erheblich beschädigt.
16. Hl. Antonius.
Dieses Bild, von dem ich bereits im Manuel zwei
Exemplare verzeichnet habe, klebt mit dem vorher-
gehenden und dem folgenden gemeinsam auf dem-
selben Blatt. Damit ist freilich deren Zusammen-
gehörigkeit keineswegs erwiesen, und die Technik des
vorliegenden Blattes unterscheidet sich sogar erheblich
von dem vorhergehenden. Trotzdem wäre die Möglich-
keit, daß beide der gleichen Werkstatt entstammen, nicht
ganz ausgeschlossen. Eine besondere Eigenheit der-
selben besteht nämlich darin, die fast vollendete Platte
mit kleinen flockenartigen Strichen zu überarbeiten, wie
wir dies auf Tf. 5, besonders links am Turm, deutlich
betrachten können. In gleicher Weise ist die von der
Brust bis über die Kniee herabreichende Stola des
Antonius mit diesen weißen Flocken gestrichelt, so daß
wenigstens mit der Möglichkeit der gleichen Herkunft
gerechnet werden könnte. Noch stärkere Gründe scheinen
mir aber für die Annahme zu sprechen, daß das Blatt
jener Werkstatt entstammt, aus welcher der auf S. 14
erwähnte «Kalvarienberg» hervorgegangen ist, von dem
die Tf. 70 in Bd. 22 dieser Sammlung eine Abbildung
brachte. Der Kreuzstab des hl. Antonius ist nämlich
mit einem aus Karos und Punkten zusammengesetzten
| Muster versehen, das wir in völlig gleicher Weise auf
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