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BIS THEBEN.
ganz nackt als wohlgebildete braune «Putten» umherlaufen. Weniger niedlich find die kleinen
Säuglinge, welche die Mütter auf der Schulter in's Freie zu tragen pflegen und die leiten
fauber gehalten werden. Viele bei der Feldarbeit thätige Frauen laden ihre Kinder forglos im
Dorfe zurück, und wenn man die menfchenleeren, von böfen Hunden bewachten Gaffen eines
folchen in der Erntezeit durchwandert, fo kann man mehr als einmal fo feltfamen Wiegen
und Kindswärterinnen begegnen wie diejenigen, deren Darftellung wir in des Meifters Gentz
Mappe fanden und unferen Lefern zeigen. — Einmal begegneten wir felbft einem Säuglinge, der
neben einem Haufen Durrah, mitten im Felde und nur von einem Hunde bewacht, auf einem
Stück Teppich lag und die Beinchen in die Luft ftrecktc. Keine Fellahmutter würde an dem
fremden Kinde vorübergehen, ohne ihm die Bruft zu reichen, und die Mutter des kleinen Schrei-
, das
PALME UND SYKOMORE, DIE SCHLANKEN UND BREITEN UNTER DEN BÄUMEN DES NILTHALS.
halfes hat ihn Geh gewifs zu rechter Zeit wieder geholt. Ein wundervolles Durcheinander von
Männern, Weibern und Kindern, Büffeln und Kamelen, Efeln und Hunden verleiht in diefer
Jahreszeit den ägyptifchen Aeckern einen malerifchen Reiz, der lieh tiet der Erinnerung einprägt.
Menfch und Thier fcheinen hier näher wie bei uns zulammen zu gehören; des Einen Arbeit von
heute wird morgen vom Andern verrichtet, und man denkt an das verlorene Paradies, wenn man
neben und zwifchen den freilich unter reichlichem Schweiis ihr Brod eilenden Feldarbeitern
fchneeweifse Silberreiher furchtlos flehen und lieh bewegen und Dorfhunde, die kleinen Wölfen
lehr ähnlich fehen, mit bunten Schafen, bei deren Anblick wir an die Lift des Jakob erinnert
werden, fpielen lieht. Und doch! wie hat es gerade in diefer von der Natur lo reich gefegneten
Gegend der Menfch verftanden, dem Menfchen das Leben zur Hölle zu machen.
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BIS THEBEN.
ganz nackt als wohlgebildete braune «Putten» umherlaufen. Weniger niedlich find die kleinen
Säuglinge, welche die Mütter auf der Schulter in's Freie zu tragen pflegen und die leiten
fauber gehalten werden. Viele bei der Feldarbeit thätige Frauen laden ihre Kinder forglos im
Dorfe zurück, und wenn man die menfchenleeren, von böfen Hunden bewachten Gaffen eines
folchen in der Erntezeit durchwandert, fo kann man mehr als einmal fo feltfamen Wiegen
und Kindswärterinnen begegnen wie diejenigen, deren Darftellung wir in des Meifters Gentz
Mappe fanden und unferen Lefern zeigen. — Einmal begegneten wir felbft einem Säuglinge, der
neben einem Haufen Durrah, mitten im Felde und nur von einem Hunde bewacht, auf einem
Stück Teppich lag und die Beinchen in die Luft ftrecktc. Keine Fellahmutter würde an dem
fremden Kinde vorübergehen, ohne ihm die Bruft zu reichen, und die Mutter des kleinen Schrei-
, das
PALME UND SYKOMORE, DIE SCHLANKEN UND BREITEN UNTER DEN BÄUMEN DES NILTHALS.
halfes hat ihn Geh gewifs zu rechter Zeit wieder geholt. Ein wundervolles Durcheinander von
Männern, Weibern und Kindern, Büffeln und Kamelen, Efeln und Hunden verleiht in diefer
Jahreszeit den ägyptifchen Aeckern einen malerifchen Reiz, der lieh tiet der Erinnerung einprägt.
Menfch und Thier fcheinen hier näher wie bei uns zulammen zu gehören; des Einen Arbeit von
heute wird morgen vom Andern verrichtet, und man denkt an das verlorene Paradies, wenn man
neben und zwifchen den freilich unter reichlichem Schweiis ihr Brod eilenden Feldarbeitern
fchneeweifse Silberreiher furchtlos flehen und lieh bewegen und Dorfhunde, die kleinen Wölfen
lehr ähnlich fehen, mit bunten Schafen, bei deren Anblick wir an die Lift des Jakob erinnert
werden, fpielen lieht. Und doch! wie hat es gerade in diefer von der Natur lo reich gefegneten
Gegend der Menfch verftanden, dem Menfchen das Leben zur Hölle zu machen.
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