Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Eggers, Friedrich; Eggers, Karl
Christian Daniel Rauch (Band 1) — Berlin, 1873

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.43146#0123
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Vollendung des DenkmadEntwurss der Königin Luise.

105

andern Morgen kam der Fürst allein wieder, sagte seinem Künstler in
den herzlichsten Worten, daß er alle seine Wünsche weit übertroffen
habe und forderte ihm, die Augen ans das geliebte Antlitz geheftet,
mit rührenden Worten das Versprechen ab, keinen Finger mehr daran
legen zu wollen.
Wie froh Rauch hierüber war, — der Bildhauer in ihm war fast
mnthlos, wenn er an Rom dachte. Schon hatte er einem Freunde in
Carrara geschrieben, jedes Stück Gestein des Berges auszuspivniren
und ihm Nachricht zu geben, wenn er das beste gefunden habe. Seine
Hoffnung für Rom setzte er in den Kronprinzen. Bei dem sich still
und tückisch zusammenziehenden Kriegsgewitter wünschte er sich über
die Berge.
Die stille Erinnerungsfeier der ersten Wiederkehr des Todestages
der Königin wurde am 19. Juli von der königlichen Familie bei der
wiederaufgestelltcn und mit Cypressen umgebenen Büste Rauchs abge-
halten. Nachmittags wallte das Volk dahin, für welches geöffnet blieb.
Dann kam der König immer wieder anf's neue, bei der Arbeit
zuzusehen. Am liebsten in der Abendstunde, oft mit dein Vesperbrote
in der Hand. Er hatte seine große Freude an des Künstlers sorgfäl-
tiger Arbeitsweise, die immer noch das Bessere suchte. Früher hatte
ihn nur der Kopf interessirt; jetzt lebte er sich in jede Falte hinein,
konnte sich nicht genug daran erfreuen, und Rauch gesteht, daß er ihm
am linken Handgelenk eine einsichtsvolle Cvrrectur angegeben habe.
Gegen Ende August wurde das fertige Monument dem Könige
gezeigt, dann für die Freunde, endlich so gut wie öffentlich ausgestellt.
Die Akademie der Künste wurde auch dazu eingeladen. Sie nahm
den Künstler am 5. October (1811) unter ihre Mitglieder auf.
Der König, immer noch fürchtend, es könne etwas von dem ihm so
unübertrefflich scheinenden Kopse verloren gehen, ließ ihn noch einmal
in der Größe des Originals abzeichnen.
Bei der fortgesetzt bethätigten Theilnahme des Königs an der
Arbeit, wuchs die Schwierigkeit, das so weit geförderte Monument, an
dem seine Seele hing, seinen Augen zu entreißen, um es in Rom in
 
Annotationen