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Berlin, 1815—1816.
und das ist ja anerkanntermaßen dell Künstlern viel Werth. Freilich gab
cs dann anch Dinge, die dem Künstlerischen durchaus entgegen waren,
ilnd hier hatte er daun einen harten Stand, da er sich in seinem Ge-
wisseil gedrungen fühlte, den Standpunkt der Kunst festzuhalten. Es
gelang stets, da der König sich besehied und das ideale Recht der Kunst
walten ließ, deren Gesetze zu kennen er sich nicht anmaßte; aber er
wollte gern, so weit es anging, überzeugt fein. — So ging es in die-
sem Falle: Scharnhorst mußte ganz umgearbeitet werden und wurde
erst genehmigt, als der Künstler ihn vorgestellt hatte, den linken Arm
aufstützend, in der linken Hand einen militärischen Schlachtplan haltend
und mit der Rechten darauf hindeutend. Um die Schultern hängt der
lange Mantel, über den linken Arm ausgebreitet. Das war allerdings
sehr deutlich und verständlich, wollte aber dem Künstler durchaus nicht
einleuchten, ja verleidete ihm die ganze Aufgabe. — Jedermann, der
die Statue kennt, weiß, daß es ihm doch hinterher gelungen ist, das
an eine momentane Situation erinnernde Attribut zu entfernen und
den „strategischen Soldatenprofessor" — wie Rauch sich ausdrückt —
allein durch nachdenkliche Stellung zu charakterifiren, wie sie dem Wesen
der Plastik allerdings besser entspricht.
Gemacht sollten beide Statuen in Berlin werden; im Jahre 1818
sollten sie vollendet sein. Bis der Marmor dazu aus Italien ankäme,
bis Einrichtungen für die Arbeit getroffen waren — es waren immer
solche in Absicht, welche nicht für Rauch, sondern auf alle Zeiten für-
königliche Arbeiten sein sollten — bis der Graben überwölbt war, der
die Einheit des Platzes für die Statuen noch störte, wurde dem Künstler
nach Italien zurückzukehren erlaubt, und am 7. Juli (1816) konnte
endlich die bereits seit dem Ende des vorigen Jahres ersehnte Reise
beginnen.
Sie war heiter und glücklich diesmal, — eine wahre Spazierfahrt.
Alle Nächte schlief er ruhig aus; kein Hinderniß der Jahreszeit trat
entgegen, weder Hitze noch Kälte. Er nahm seinen Weg so, daß er
den wundervollen Gardasee kennen lernte. Mit großem Entzücken
pflegte er später noch von dieser anmuthvollen Fahrt nach Italien zu
Berlin, 1815—1816.
und das ist ja anerkanntermaßen dell Künstlern viel Werth. Freilich gab
cs dann anch Dinge, die dem Künstlerischen durchaus entgegen waren,
ilnd hier hatte er daun einen harten Stand, da er sich in seinem Ge-
wisseil gedrungen fühlte, den Standpunkt der Kunst festzuhalten. Es
gelang stets, da der König sich besehied und das ideale Recht der Kunst
walten ließ, deren Gesetze zu kennen er sich nicht anmaßte; aber er
wollte gern, so weit es anging, überzeugt fein. — So ging es in die-
sem Falle: Scharnhorst mußte ganz umgearbeitet werden und wurde
erst genehmigt, als der Künstler ihn vorgestellt hatte, den linken Arm
aufstützend, in der linken Hand einen militärischen Schlachtplan haltend
und mit der Rechten darauf hindeutend. Um die Schultern hängt der
lange Mantel, über den linken Arm ausgebreitet. Das war allerdings
sehr deutlich und verständlich, wollte aber dem Künstler durchaus nicht
einleuchten, ja verleidete ihm die ganze Aufgabe. — Jedermann, der
die Statue kennt, weiß, daß es ihm doch hinterher gelungen ist, das
an eine momentane Situation erinnernde Attribut zu entfernen und
den „strategischen Soldatenprofessor" — wie Rauch sich ausdrückt —
allein durch nachdenkliche Stellung zu charakterifiren, wie sie dem Wesen
der Plastik allerdings besser entspricht.
Gemacht sollten beide Statuen in Berlin werden; im Jahre 1818
sollten sie vollendet sein. Bis der Marmor dazu aus Italien ankäme,
bis Einrichtungen für die Arbeit getroffen waren — es waren immer
solche in Absicht, welche nicht für Rauch, sondern auf alle Zeiten für-
königliche Arbeiten sein sollten — bis der Graben überwölbt war, der
die Einheit des Platzes für die Statuen noch störte, wurde dem Künstler
nach Italien zurückzukehren erlaubt, und am 7. Juli (1816) konnte
endlich die bereits seit dem Ende des vorigen Jahres ersehnte Reise
beginnen.
Sie war heiter und glücklich diesmal, — eine wahre Spazierfahrt.
Alle Nächte schlief er ruhig aus; kein Hinderniß der Jahreszeit trat
entgegen, weder Hitze noch Kälte. Er nahm seinen Weg so, daß er
den wundervollen Gardasee kennen lernte. Mit großem Entzücken
pflegte er später noch von dieser anmuthvollen Fahrt nach Italien zu