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Eggers, Friedrich; Eggers, Karl
Christian Daniel Rauch (Band 1) — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.43146#0264
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Berlin und Breslau, 1818—1819.

der Auffassung der individuellen Eigenthümlichkeit allein haben walten
lassen. So aber — und wie deutlich liegt das in seinen oben mitge-
theilten Worten ausgesprochen — fühlt er klar, daß er der götterbilden-
den Kunst nicht Alles vergeben darf und daß es freilich schwerer ist,
ihre Ansprüche zu retten, wenn der Hauptsitz der Individualität, das
Gesicht, allein in Betracht kommt und nicht auf Handlung, Stellung,
Bekleidung ein Stück der Aehnlichmachung abgewälzt werden kann,
um dann das Haupt um so ungestörter mit seinen unveräußerlichen,
charakteristischen individuellen Zügen in das Ideal zu erheben. — Es
ist wirklich, als sei ihm die Stattlichkeit der Gestalt, diese Schönheit
des Angesichts gegeben worden, damit er an sich selber dargestellt sähe,
wie auch in unsere Zeit das griechische Prinzip hineinragt von der eben-
mäßigen Schönheit des Körpers mit dem Geiste zugleich, und damit
er sich immer erinnere, daß seine Kunst, die Kunst der Bildnerei,
dieses Prinzip noch weiter in ihre Gebilde hineinzutragen habe, als die
Wirklichkeit es kann und vermag.
Der Aufenthalt in Klein-Oels dehnte sich bis zum 14. Oktober
aus, denn Rauch ließ sich gern bereden, die Vermählung der einzigen
Tochter Pork's, Bertha, mit dem Grafen von Hoverden, am 13., feiern
zu helfen, um so mehr, da bereits sehr schöne Leute, — er nennt die
Gräfin Saurma und ihre Tochter — von dem schlesischen Adel sich
einfanden. Vorher wurde noch das Schlachtfeld von Mollwitz besucht.
Ununterbrochen aber behielt er die Werkstatt-Angelegenheit im Auge,
ja er vertiefte sich so sehr in die angelangten Briefe Tiecks und deren
Beantwortung, daß er eine halbe Stunde zu spät zur Hochzeits-Abend-
tafel kam, trübe und sorgenvoll in der Seele in den so hell erleuch-
teten Saal.
Am 14. Oktober wurde noch mit der Familie Pork's ein Besuch
in Hühnern bei dem Vater des jungen Gatten gemacht. Franceschino
mußte seinen Meister nach der glänzenden Mittagstafel von 70 Ge-
decken wieder abholen und so gelangten sie am Abend wieder nach
Breslau. Dort Briefe, unter andern von der Gräfin Magni. Nur
das Couvert davon wollte er sich aneignen; den Bries, der voll Zu-
 
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