Rauch's Standpunkt.
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Fußgestell des Byron-Denkmals zuerst wieder einen Amor gebildet
hatte. Seine ihm eigene Stoffwelt schien ihm neben der christlich-
religiösen in dem Maße das alleinwürdige Gebiet der plastischen
Kunst zu sein, daß er es ungeru sah, wie seine Licblingsfchüler
Bissen und Freund neben der griechischen auch die nordische Mythe
in dos Bereich der Kunst und zwar mit kräftigem Erfolge hineinzogen.
Freund, der Schöpfer des Ragnarokr-Frieses in der Christians-
borg zu Kopenhagen, lieferte auch bedeutende Werke der kirchlichen
Skulptur, während Bissen von der griechischen und nordischen Mythe
auch zu anerkennenswertsten Bildnißwerkeu historischen Charakters
schritt und so den Forderungen der Zeit auch in Dänemark Einlaß
nnd Zustimmung verschaffte.
Die Grundbedingungen der in Deutschland begonnenen Hinwen-
dung zum historischen Stoffgebiete, welche iu der Wandlung des poli-
tischen Lebens vorzugsweise gegeben waren, sind oben (II. S. 69
bis 84) nach allen Richtungen auseinandergelegt, nnd die weitere Dar-
stellung der künstlerischen Wirsamkeit Rauch's in der ganzen Reihe
seiner Denkmäler des Befreiungskrieges bestätigt, gleichsam als arith
metische Probe, wie er mitten in der Strömung der Zeit stand, — ihr
folgte, sic lenkte.
Sobald eine Nation zu dem Bewußtsein kommt, daß das
politische Leben des Staates nicht bloß die Angelegenheit der Dy-
nastie ist, sondern zugleich das eigene Juteresse des Volkes selbst, er-
giebt sich als eine Folge, daß auch das gestimmte Kulturleben in
Kunst und Wissenschaft nicht mehr als bloßes Privatinteresse gilt,
sondern zu einem öffentlichen und nunmehr nationalen wird. Diese
Konsequenz ist augenfällig; denn sie vollzieht sich, mit bedenteuden
meist kriegerischen Thaten beginnend, durch Ereignisse, welche tief in
den Bestand des Volkes greifen und nach eingetretener Ruhe des
äußeren Lebens eine Blüte der Kunst und Wissenschaft unter den
Auspicien des Staates selbst hervorrnfcn. Das Umgekehrte, daß die
Zeitigung des politischen Nationalbewußtseins in Folgewirknng steht
zu seiner Kulturthätigkeit insbesondere auf dem Gebiete der National-
literatur, ist minder augenfällig, weil es im inueru Weben der Volks-
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Fußgestell des Byron-Denkmals zuerst wieder einen Amor gebildet
hatte. Seine ihm eigene Stoffwelt schien ihm neben der christlich-
religiösen in dem Maße das alleinwürdige Gebiet der plastischen
Kunst zu sein, daß er es ungeru sah, wie seine Licblingsfchüler
Bissen und Freund neben der griechischen auch die nordische Mythe
in dos Bereich der Kunst und zwar mit kräftigem Erfolge hineinzogen.
Freund, der Schöpfer des Ragnarokr-Frieses in der Christians-
borg zu Kopenhagen, lieferte auch bedeutende Werke der kirchlichen
Skulptur, während Bissen von der griechischen und nordischen Mythe
auch zu anerkennenswertsten Bildnißwerkeu historischen Charakters
schritt und so den Forderungen der Zeit auch in Dänemark Einlaß
nnd Zustimmung verschaffte.
Die Grundbedingungen der in Deutschland begonnenen Hinwen-
dung zum historischen Stoffgebiete, welche iu der Wandlung des poli-
tischen Lebens vorzugsweise gegeben waren, sind oben (II. S. 69
bis 84) nach allen Richtungen auseinandergelegt, nnd die weitere Dar-
stellung der künstlerischen Wirsamkeit Rauch's in der ganzen Reihe
seiner Denkmäler des Befreiungskrieges bestätigt, gleichsam als arith
metische Probe, wie er mitten in der Strömung der Zeit stand, — ihr
folgte, sic lenkte.
Sobald eine Nation zu dem Bewußtsein kommt, daß das
politische Leben des Staates nicht bloß die Angelegenheit der Dy-
nastie ist, sondern zugleich das eigene Juteresse des Volkes selbst, er-
giebt sich als eine Folge, daß auch das gestimmte Kulturleben in
Kunst und Wissenschaft nicht mehr als bloßes Privatinteresse gilt,
sondern zu einem öffentlichen und nunmehr nationalen wird. Diese
Konsequenz ist augenfällig; denn sie vollzieht sich, mit bedenteuden
meist kriegerischen Thaten beginnend, durch Ereignisse, welche tief in
den Bestand des Volkes greifen und nach eingetretener Ruhe des
äußeren Lebens eine Blüte der Kunst und Wissenschaft unter den
Auspicien des Staates selbst hervorrnfcn. Das Umgekehrte, daß die
Zeitigung des politischen Nationalbewußtseins in Folgewirknng steht
zu seiner Kulturthätigkeit insbesondere auf dem Gebiete der National-
literatur, ist minder augenfällig, weil es im inueru Weben der Volks-