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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0275
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Politik, Krieg und Reichsstadt — Strukturen im 17. Jahrhundert

oder Wiederherstellung des katholischen Kultus auch in bereits protestantischen
Gebieten.20 Unter Oberst von Ossa hatten die kaiserlichen Kommissare, die die
Restitution vor allem im Kloster Lorch und den protestantisch gewordenen Kloster-
orten durchführen sollten, in Schwäbisch Gmünd Quartier genommen, nachdem
bereits zwei Versuche am 11. und 17. Juni 1630, das Kloster in Besitz zu nehmen, am
Widerstand der Insassen gescheitert waren.21 Am 27. August 1630 gelang unter mili-
tärischer Assistenz die Einnahme des Klosters; das Personal wurde vom Treueid
gegen Württemberg entbunden, das Kloster rekatholisiert und die protestantischen
Pfarrer nach Gmünd zitiert, wo ihnen die Ausübung ihres Kultes unter Strafe verbo-
ten wurde. Noch im September 1630 begannen auf dem Gmünder Rathaus die
Unterhandlungen mit den Vormundschaftsräten des Herzogs von Württemberg, die
sich im wesentlichen um die Frage der Freigabe der in der Reformationszeit enteig-
neten Güter des Klosters drehten.22 Im Dezember 1630 gründeten die Administrato-
ren der rekatholisierten Güter und geistlichen Besitzungen in Rottenburg einen Son-
derbund zum Schutz ihrer Interessen; Sitz der Kasse dieses Bundes wurde die
Reichsstadt Schwäbisch Gmünd, wo auch ihr Syndikus saß.23
Im Juni desselben Jahres 1630 hatte man in Gmünd ein seltsames Schauspiel beob-
achten können. Wohl unter dem sanften Druck der kaiserlichen Restitutionskom-
missare mußte der bisherige protestantische Magistrat der Reichsstadt Aalen seine
neugewonnenen katholischen Einsichten öffentlich demonstrieren. »Den 9. Juni«,
so vermerkte etwas süffisant der Chronist Friedrich Vogt, »ist ein Ehrsamer Rath der
Reichsstat Aalen mit Creuz und Fahnen naher Schw. Gmünd der Pfarrkirch zu
unser lieben Frau wallfahrten gangen.«24
Die schwedische Episode
Der Verlauf der Kriegshandlungen im Frühjahr und Sommer 1631 änderte die Vor-
machtstellung der kaiserlich-ligistischen Truppen in Südwestdeutschland entschei-
dend: Tilly mußte vor den heranrückenden Schweden unter König Gustav Adolf
von Schweden die Fronten begradigen und fast ganz Südwestdeutschland aufgeben.
Die kaiserlichen Truppen, unter von Ossa in der Stadt gelegen, rückten wahrschein-
lich im Dezember 1631 oder Anfang des Jahres 1632 aus der Stadt ab.25 Der Magi-
strat handelte schnell. Um den abrückenden Truppen das Plündern und Erpressen
zu erschweren, erbat man sich von kaiserlicher Seite einen erneuten Schutzbrief, den
Tilly auch am 4. Dezember 1631 ausstellte.26 Daß die Fage nun prekär wurde, merk-
ten die Gmünder spätestens, als sich am 7.18. Februar 1632 der katholische Admini-
strator des Klosters Forch klammheimlich in ihre Reichsstadt vor den heranrücken-
den Schweden absetzte.27 Die allgemein unsichere Lage nutzten einige Marodeure
 
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