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Ewers, Hanns Heinz
Die Alraune: die Geschichte eines lebenden Wesens — München: Georg Müller, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.69947#0385

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dem grünstrahlenden Auge des Fräulein ten Brin-
ken, wie ein Waldhäschen in der Sonne der Kohl-
felder.
Frieda Gontram wurde unruhig. Zuerst ärgerte
sie sich über die ungeheure Dummheit ihrer
Freundin, dann fand sie ihre Art abgeschmackt
und lächerlich. Keine Fliege, dachte sie, fliegt so
täppisch auf den Giftzucker. Endlich aber, je
mehr Olga plauderte, je schneller unter dem Blik-
ke Alraunens die konventionelle Schneedecke ih-
rer Gefühle dahinschmolz, erwachte auch in Frie-
da das Empfinden wieder, das zu unterdrücken
sie gerade fest bestrebt war. Nun wanderten ihre
Blicke hinüber, hefteten sich eifersüchtig genug
auf des Prinzen Orlowski schlanke Gestalt.
Alraune bemerkte es. „Ich danke Ihnen, liebe
Gräfin,“ sagte sie, „das beruhigt mich ungemein,
was Sie da sagen.“ Sie wandte sich zu Frieda
Gontram: „Der Justizrat hat mir nämlich solche
Mordgeschichten von dem sicheren Ruin der
Fürstin vorerzählt!“
Frieda suchte nach einem letzten Halt, gab sich
gewaltsam einen Ruck. „Mein Vater hat recht ge-
habt.“ erklärte sie schroff. „Natürlich ist der Zu-
sammenbruch unvermeidlich. — Die Fürstin wird
das Schlösschen verkaufen müssen —“
„Oh, dasMfecht gar nichts,“ erklärte die Grä-
fin, „wir sind ohnehin nie dort!“
„Schvzeig doch!“ rief Frieda. Ihre Augen trüb-
ten sich, sie fühlte, dass sie ganz zwecklos für eine
verlorene Sache kämpfte. „Die Fürstin wird ih-

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