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Falke, Otto von; Lessing, Julius
Kunstgeschichte der Seidenweberei: eine Auswahl der vorzüglichsten Kunstschätze der Malerei, Sculptur und Architektur der norddeutschen Metropole, dargestellt in einer Reihe der ausgezeichnetsten Stahlstiche mit erläuterndem Texte (Band 1) — Berlin, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.19016#0061
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ten gewesen, wo schon frühzeitig die zum Färben sehr geeignete Baumwolle verwebt wurde;
hier haben Herodot und später Plinius die Bildfärberei mit Abdeckung kennen gelernt.

Von den in Petersburg auf bewahrten Textilfunden aus taurisch?griechischen Gräbern
des 4. oder 3. Jahrhunderts vor Chr. beansprucht noch eine bisher unveröffentlichte Gattung
besondere Beachtung, weil sie gleich dem gewirkten Entenstoff und den Streumustern der
Vasenbilder ebenfalls den Zusammenhang der klassischen und der spätantiken Textilkunst
offenbart. Es sind Gewandreste aus glattem, gelblichem Leinengewebe, in dem streifen?
weis die Schußfaden ausgespart wurden. Auf die freiliegenden Kettfaden sind griechische
Ornamente, Ranken, Blüten und ähnliches in farbiger Wolle eingewirkt. Das ist genau die
Technik und Verzierungsart der spätantiken Tracht, deren Beschaffenheit uns die massen?
haften Textilfunde aus ägyptischen Gräbern seit drei Jahrzehnten so überraschend enthüllt
haben. Bei diesen steht die Wollwirkerei auf Leinengrund als die weitaus vorherrschende Zier?
technik noch durchaus im Vordergrund. Die Seidenweberei wurde damals — im 6. Jahr?
hundert nach Chr. — in Alexandria wie in Syrien und Byzanz mit Erfolg betrieben, aber die
Kostbarkeit der Stoffe zog ihrer Verwendung in der allgemeinen Tracht noch enge Grenzen.
Von den ziemlich seltenen und bescheidenen Seidenbesätzen abgesehen, ist auf den spät?
antiken Gewändern bis ins 7. Jahrhundert jeder anspruchsvollere ornamentale und figür?
liehe Schmuck in Wollwirkerei gearbeitet. Stil und Inhalt dieser Ornamentik werden im
folgenden Abschnitt zu untersuchen sein; hier genügt die Feststellung, daß in der helle?
nistischen und frühchristlichen Textilkunst der Wirkerei bis hinein in die Zeit des Seiden?
stils der Vorrang für den Massenbedarf gewahrt blieb. Daß sie für die vorausgehende
Antike mindestens dieselbe Bedeutung gehabt hat, ist um so eher anzunehmen, als dem
Altertum die Seide und damit die Vorbedingung und der Antrieb zur höheren Fortbildung
der eigentlichen Weberei versagt war.

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