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Falke, Otto von; Lessing, Julius
Kunstgeschichte der Seidenweberei: eine Auswahl der vorzüglichsten Kunstschätze der Malerei, Sculptur und Architektur der norddeutschen Metropole, dargestellt in einer Reihe der ausgezeichnetsten Stahlstiche mit erläuterndem Texte (Band 1) — Berlin, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.19016#0063
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Den Haupt?
bestand der Gräber?
funde bilden neben
rechteckigen Lein?
tüchern zur Bedek?
kung der Leichen
hemdförmige Tuni?
ken oder richtiger
Stücke von solchen,
denn meistens sind
nur die verzierten
Teile in den Handel
gebracht worden.')
Die Tunika war im

römischen Reich
während des 4. Jahr?
hunderts, ungefähr
seit der Zeit Diocle?
tians, nach dem Ab?

Abb. 11. Aegyptische Leinentunika mit gewirkten Besätzen, 7. Jahrh, n. Chr. kommen der Toga

das hauptsächliche

Kleidungsstück geworden. Anfänglich mit kurzen, später mit langen Ärmeln versehen,
reichte sie bei den Männern über die Knie, bei den Frauen bis zu den Füßen herab. Der
Stoff ist naturfarbiges Leinen, seltener voll gefärbte Baumwolle, die in Ägypten von Alters
her angebaut wurde. Seidene Gewänder sind nicht gefunden worden; bloß als Besätze
wurden Abschnitte von Seidengeweben verwendet, aber weit seltener, als die gewirkten Zier?
stücke. Zur spätrömischen Tracht gehörte auch ein Mantel über der Tunika, der auf der
rechten Schulter geschlossen wurde. Ob die rechteckigen Leinenstücke aus den Gräbern nur
Leichenhüllen sind oder ob sie auch als Mäntel dienten, bleibt ungewiß.

Auf den ungemusterten Gewändern sind die Verzierungen antiker Auffassung gemäß
tektonisch verteilt: Schmale Borten umgeben die Halsöffnung und den Ärmelabschluß,
breitere Streifen ziehen sich von jeder Schulter über Brust und Rücken bis zur Gürtelhöhe
herab. (Abb. 11.). Bei den langen Frauentuniken reichen die Schulterbänder über die ganze
Länge bis zu den Füßen. Eine ornamentale Einfassung-des unteren Randes der Tuniken
war nicht regelmäßig vorhanden; wo sie fehlte, wurden zuweilen auf der Vorderseite die
Ecken der Gewänder durch Winkelbesätze, die Gammadien, betont, die in gleicher Gestalt
auch in den Ecken von Vorhängen und Altardecken angebracht wurden.2)

Zu den streifenförmigen Tunikabesätzen oder Claven traten runde oder viereckige
Zierstücke über den Achseln (vgl. Tafel 18) und auch auf der Brust zwischen den Schulter?

enthalten die Werke: Gerspach, Les tapisseries coptes; Riegl, Die ägyptischen Textilfunde im österr. Museum;
Blanchet, Notices sur quelques tissus antiques et du moyen äge; Forrer, Römische und byzantinische Seiden*
textilien; Forrer, Die Gräber* und Textilfunde von Achmim^Panopolis; Migeon, Les arts du Tissu; Dreger,
Künstlerische Entwicklung der Weberei und Stickerei; Gayet, L'art copte; Cox, Essai de classement des tissus
coptes, in der Revue de l'art ancien et moderne, Band 19, 1906 S. 417.

') Vollständige Tuniken in den Museen von Düsseldorf, Trier, South Kensington.

2) Bekannte Beispiele bieten die Mosaiken in Ravenna: In San Apollinare nuovo die Vorhänge des
rheoderichpalastes, ferner in San Vitale ein Altarbehang mit Gammadien, abgeb. Errard L'art byzantin III T. 12.
Auf solchen kirchlichen Behängen haben sich die Winkelbesätze lang im Gebrauch erhalten; im Liber ponti*
ficalis werden ums Jahr 800 mit Gammadien besetzte Vorhänge oft erwähnt. Ihr Fortleben in der byzanti*
nischen Kaisertracht zeigt unter anderem der Reiterstoff aus Mozac Abb. 219.

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