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Falke, Otto von; Lessing, Julius
Kunstgeschichte der Seidenweberei: eine Auswahl der vorzüglichsten Kunstschätze der Malerei, Sculptur und Architektur der norddeutschen Metropole, dargestellt in einer Reihe der ausgezeichnetsten Stahlstiche mit erläuterndem Texte (Band 1) — Berlin, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.19016#0076
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die ersten Entlehnungen aus sassanidischen Textilien in griechischer Hand verarbeitet und
mit den heimischen Motiven verschmolzen worden sind.

Die Eroberung Ägyptens durch die Araber im Jahre 640 und die folgende Islamisie?
rung des Landes hat den Betrieb der Wirkerei nicht dauernd unterbrochen; wenn auch zu?
nächst der Untergang des Griechentums einen starken Rückgang jeder künstlerischen Be?
tätigung herbeigeführt haben muß. An verschiedenen Plätzen, in Dronka, in El Azam bei
Assiut, Achmim, Damiette und anderwärts sind auch muhammedanische Gräber auf ihren
Textilinhalt ausgebeutet worden; sie haben wie die älteren Nekropolen vornehmlich leinene
Gewandreste mit farbig eingewirkten Streiten und clavenartigen Verzierungen geliefert. Die
Wirkerei ist verfeinert, weil Seidenfäden an Stelle der Wolle gebraucht wurden, aber eine
Veredlung der Ornamentik ist damit nicht verbunden. Einige Stücke sind durch eingewirkte
Inschriften auf die Zeit der Fatimiden El Mostansir Billah (1036-1094) und El Faizz (1154
bis 1160) datiert. Die Muster sind ziemlich dürftige Überreste aus der vorsarazenischen Zeit,
schlaff gezeichnete und verzerrte Bandgeflechte, die verkümmerte Tierbilder einschließen.2)
Am häufigsten sind die von Alters her beliebten Enten, zuweilen mit den aus den persischen
Mustern nachlebenden Bändern am Hals geschmückt. Der einzige neue Beitrag, den der
Islam in die Wirkerei eingebracht hat, ist die arabische Schrift, und ihre schön geschwun?
genen Linien sind auch das Beste, was an diesen späten Ausläufern noch zu rühmen ist. In
den Betriebsländern der Seidenweberei hatte die Wirkerei als dienende Zierkunst der Tracht
ihre alte Bedeutung verloren. Wo die Seide aber f ehlte, in den Ländern nördlich der Alpen,
erhob sie sich im 12. Jahrhundert (Wandteppiche in Halberstadt) zu neuem Leben als eine
selbständig gewordene Kunst, die auch monumentale Aufgaben zu bewältigen lernte. Da-
mit hatten sich ihre Wege von der Weberei vollständig geschieden.

D. Spätantike Wollengewebe.

Für die Geschichte der Kunstweberei in Wolle haben die ägyptischen Gräber nur wenig
Ausbeute geliefert. Den massenhaften Wirkarbeiten steht bloß eine sehr kleine Zahl
gewebter Wollstoffe mit Mustern höherer Ordnung gegenüber. Eine Reihe einfach gemu?
sterter Stücke ist aus Antinoe in das Guimetmuseum gelangt; die wichtigeren Stücke wud
den von F. Bock unter verschiedenen Museen aufgeteilt, sodaß die Fragmente von Ursprünge
lieh zusammengehörigen Stoffen jetzt in Berlin, Wien, Krefeld und Nürnberg zu finden sind.
Daß es sich um Erzeugnisse des Nillandes handelt, lehrt eines der einfacheren Muster auf
Tafel ld, Rosetten von Mäanderlinien umschlossen. Dieses in Griechenland nur tekto*
nisch als Band verwendete Ornament ist in Ägypten schon frühzeitig als fortlaufendes
Flächenmuster ohne Ende verarbeitet worden. Aus Deckenmalereien in Theben hat Prisse
d'Avennes2) mehrere Spielarten davon veröffentlicht und noch im Mittelalter erscheint es
auf einer geschnitzten Holzvertäfelung von koptischer Arbeit.3) Etwas reicher sind die in
Berlin, Nürnberg und anderwärts vertretenen Stoffe mit aneinander gereihten Achtecken,
die Vögel oder Vierfüßler umschließen (Abb. 29). Dann folgen als kunstvollere Leistungen
zwei Wollstoffe mit spätantiken Jagdbildern (Abb. 30, 31).4) Die letzteren füllen nicht in
ununterbrochener Folge die ganze Fläche, sondern die Jagdstoffe waren so gewebt, daß
quer über die Stückbreite, in der Richtung des Einschlags, immer ein ungemusterter violetter
Streifen mit einem etwas breiteren Bildstreifen abwechselte. Reiter mit Schwert oder Lanze

0 Vgl. Gerspach 89 und Forrer, Seidentextilien von Achmim T. 13.

2) L'art egyptien.

:i) Gayet, L'art copte fig. S. 237.

') Vgl. Hampe, Gewebekatalog des German. Mus. fig. 1, 2, 3; Dreger, Entwicklung der Weberei u.
Stickerei T. 20, 21.

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