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Falke, Otto von; Lessing, Julius
Kunstgeschichte der Seidenweberei: eine Auswahl der vorzüglichsten Kunstschätze der Malerei, Sculptur und Architektur der norddeutschen Metropole, dargestellt in einer Reihe der ausgezeichnetsten Stahlstiche mit erläuterndem Texte (Band 1) — Berlin, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.19016#0131
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Nillands beigetragen haben. Mit ungünstigeren
Erhaltungsumständen allein ist jedoch das so auf*
fallend bescheidenere Auftreten des byzantinischen
Seidengewerbes nicht zu erklären. Innere Gründe
lassen vielmehr vermuten, daß Konstantinopel in
spätantiker Zeit tatsächlich auf diesem Gebiet der
ägyptischen Hauptstadt Alexandria noch nicht
ebenbürtig war. Denn die Stadt Konstantins er?
langte die unbestrittene Führerschaft im oströmi?
sehen Reich, die überlegene Stellung als Mittel?
punkt griechischer Kultur erst nach der Mitte des
7. Jahrhunderts, als die günstiger gelegenen Groß?
städte Alexandria und Antiochia, die alten Em?
porien hellenistischen Kunst? und Geisteslebens,
unwiederbringlich an die neuen Herren des Orients
verloren gingen. Mit ihrer Islamisierung war By?
zanz als Handels? und Gewerbestadt der mächtig?
sten Rivalen entledigt.

Die spärlichen Urkunden zur frühbyzantini?
sehen Seidengeschichte stehen damit nicht im Wider?
spruch. Wir wissen aus den Verfügungen der Kaiser
Valens und Valentinian vom Jahr 369, des Arcadius
von 406 und Theodosius II von 424, daß mindestens
seit der zweiten Hälfte des 4. Jahrh. Seidenwerk?
stätten für den Hofbedarf in den kaiserlichen Gy?
naeeeen bestanden und daß ihnen der Wettbewerb
der privaten Betriebe bereits lästig fiel. Durch diese
EdikteL) wurden hauptsächlich Goldborten und
Purpurstoffe den Gynaeceen vorbehalten. Die Wir?
kung solcher Verbote mag nicht sehr durchgreifend
und dauernd gewesen sein; sicherlich aber haben
sie das Privatgewerbe in Konstantinopel selbst härter
getroffen, als in den überseeischen Provinzen.

Die erste Andeutung über die Muster byzan?
tinischer Gewebe geben uns die Elfenbeindiptychen
und Mosaikbilder des 5. und 6. Jahrhunderts. Von
dem Diptychon des Konsuls Flavius Felix aus dem
Jahr 428 beginnend bis in die erste Hälfte des 6. Jahr?
hunderts ist sehr häufig die Toga der west? und ost?
römischen Konsuln nebst ihrer breiten Schulter?
binde, der trabea, mit einer eingeritzten Musterung
versehen, die gleichmäßig und lückenlos die ganze
Fläche überzieht und somit offenbar ein Webe? ... _ , , „n Q ~ c M„CM,m

Abb. 82. Orestesdiptychon von 530. S. Kens. Museum.

muster darstellen soll (Abb. 82). Sie besteht aus

aneinander gereihten Vierecken und Kreisen, die durchweg sternförmige Rosetten ein?
schließen und sie bleibt während der etwa hundert Jahre, welche die Konsulardiptychen
umfassen, ziemlich unverändert.2) Zuweilen wechseln Kreise und Rauten miteinander ab;

0 Pariset I S. 161 Anm. 2, 3; S. 162 Anm. 1.

-) Beispiele Venturi I fig. 334, Felixdiptychon von 428; fig. 336, Boethiusdiptychon von 487; fig. 338,

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